Trotzdem eine schöne Zeit.

FrauZips

von FrauZips

Story

An der Tankstelle hat er mir seine Telefonnummer gegeben. Ich kämpfte mit dem LuftauffĂĽller, wir kamen kurz ins Gespräch – und ich fuhr mit seiner Nummer auf einer alten Tankquittung weiter. Zwei Tage habe ich mit mir gerungen, ob ich ihn anschreibe. Es ist einfach heutzutage, ein Text per sms – den Mut des direkten Gesprächs braucht es nicht. Die schönsten Geschichten beginnen mit Mut – den Spruch hatte ich genau an dem Tag irgendwo gelesen, also los.

Nun hätte eine schöne Liebesgeschichte beginnen können. Fast sah es so aus. Wir haben uns zum Motorradfahren verabredet und verbrachten einen schönen Tag mit Fahren, Kaffee trinken und – erzählen ohne Pause.

Dann Schweigen. Digitales Schweigen.

Ich träumte von einem Wiedersehen. Die Zeit mit ihm war so harmonisch, ich wollte wieder in die tiefe Vertrautheit eintauchen, die ich spürte, die Seelenverwandtschaft genießen.

Fototermin in einem lost place. Es bot sich die Gelegenheit, in einem alten Gebäude mit vielen historischen Zeugnissen zu fotografieren. Ich fotografierte, er schaute sich alte Unterlagen an. Wieder dieses unkomplizierte Miteinander, die Freude, etwas zusammen zu unternehmen.

Dann wieder Schweigen. Wieder digitales Schweigen.

Lerne ich? Verstehe ich? Ja und nein. Ich habe gelitten, fĂĽhlte Schmetterlinge in meinem Bauch und gleichzeitig den Schmerz, ignoriert zu werden. Viele Schmetterlinge starben, einige flatterten noch manchmal herum. Ich wollte abschlieĂźen, aber die Hoffnung keimte ab und zu wieder auf. Mein Kopf wusste, dass kein Interesse von seiner Seite besteht, mein Herz machte sein eigenes Ding.

Unerwartet kam die Verabredung für einen gemeinsamen Abend mit Kochen und Erzählen. Herz hüpfte. Dachte sich die romantischsten Szenen aus, freute sich so sehr, dass es mich abends nicht schlafen ließ. Kopf warnte. Und Kopf behielt Recht.

© FrauZips 2022-12-06

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