„Optimisten lernen Englisch – Pessimisten Russisch.“
Der Weg nach Berlin war frei – die „Festung Berlin“ eine Farce. Es gab kaum Truppen und Befestigungsanlagen. Evakuierung oder Rückzug nach Westen hatte Göbbels verboten. Die 2½ Mio. Menschen in Berlin standen Schlange vor den Lebensmittelgeschäften. Frauen übten Pistolenschießen, Männer bauten Barrikaden, Straßenbahnwagen wurden mit Trümmerschutt gefüllt, das Pflaster für Schützenlöcher aufgerissen. 80.000 Soldaten und 60 Panzer sollten Berlin verteidigen: „Bis zum letzten Mann“ – ein Volksturm aus greisen Männern und Halbwüchsigen.
Kronika, Journalist aus Dänemark, schrieb: „Die Russenoffensive gegen Berlin ist im Gange. … Es ist besser, sie rollt, als dass man warten muss. Menschen grüßen statt „Heil Hitler“ mit „Bleib übrig“.
Berlin wurde in 8 Verteidigungsabschnitte unterteilt. Im Inneren („Zitadelle“) waren Regierungsgebäude, Oberkommando des Heeres, Reichskanzlei und Reichstag. Hitler träumte noch von einer Kriegswende: „Sie werden sehen, die Russen erleiden vor den Toren von Berlin die größte Niederlage ihrer Geschichte“ und befahl Steiner, Shukov vom Norden aus anzugreifen – nur hatte Steiner keine Armee mehr. General Weidling, der wegen eines Missverständnisses von Hitler zum Tode verurteilt war, wurde nach Aufhebung des Urteils zum Kampfkommandanten von Berlin. Er sollte die Übergabe sondieren – aber nicht kapitulieren. Und das Nazi-Regime reagierte weiterhin brutal. SS-Patrouillen durchkämmten die Straßen nach „Drückebergern“ und „Deserteuren” und reagierten mit Standrecht.
Die Kommandeure verhielten sich widersprüchlich: Meinen Vater schickten sie nach Hause – zu seinem Gewehr passte nicht die italienische Munition. Im Hotel „Adlon“ schenkten Kellner rationierten Wein aus: “Keine Flaschen für die Eroberer”.
Am 25. April war die Stadt eingeschlossen. Schloss und Reichstag brannten, das Brandenburger Tor war zerschossen, die Innenstadt ein einziges Trümmerfeld. Im Süden wurden Soldaten in noch intakte Fahrzeuge verladen und zu den Amerikanern an die Elbe befördert. Ungefähr hunderttausend Soldaten und dreihunderttausend Flüchtlinge sind – z.T. durch die U-Bahn- und S-Bahntunnel – evakuiert worden.
„Viel Glück für euch alle“, lautete ein letztes Telegramm – unbekannt aus Tokio.
Im Morgengrauen des 30. April erstürmten Shukovs Truppen die „Höhle der faschistischen Bestie“ (Stalin). Trotz Hitlers Selbstmord bestand Stalin auf bedingungslose Kapitulation. Am 2. Mai 1945 kapitulierte Weidling: „Jede Stunde, die ihr weiterkämpft, verlängert die entsetzlichen Leiden!“
Der Krieg um Berlin kostete auf beiden Seiten 350.000 Tote und Verletzte, machte die Stadt zur Trümmerlandschaft.
Jodl unterzeichnete am 7. Mai in Reims die Gesamtkapitulation und wiederholte diese Zeremonie auf Wunsch von Shukov am 8. und 9. Mai in Berlin-Karlshorst. Das „Tausendjährige Reich“ war nach zwölf Jahren Geschichte.
© Heinz-Dieter Brandt 2021-04-11