von Nina Burian
So heiĂt ein Buch von Mark Twain. Was hat denn der Twain Mark mit Ăsterreich zu tun, fragen Sie sich vielleicht.
Die Antwort: Twain lebte ein paar Jahre in Wien. Der damals schon bekannte Autor ging in Amerika nach einer Fehlinvestition Bankrott und suchte im wahrsten Sinne des Wortes das Weite, da es sich in Europa billiger leben lieĂ. Mit VortrĂ€gen und Lesungen verdiente er sein Geld, um seine Schulden abzuzahlen. âVon jetzt an werde ich nur so viel ausgeben, wie ich einnehme, selbst wenn ich mir dafĂŒr Geld borgen muss.â sagte er angeblich.
Am 1. Okt 1897 traf er mit dem Zug in Wien ein und was ihn erwartete, setzte ihn so sehr in Erstaunen, dass er oben genanntes Buch schrieb. Denn Wien war politisch aufgeheizt. Der neue christlichsoziale BĂŒrgermeister, Dr. Karl Lueger versorgte nicht nur die Wiener Stadtkarte mit dunklen Flecken, sondern rĂŒhrte mit seinen antisemitischen Ansichten schon damals das Volk auf. Zwar hat Wien ihm viel zu verdanken, aber wenn Hitler dich in ‚Mein Kampf‘ explizit als Vorbild erwĂ€hnt⊠Nun ja, ich denke, das muss ich nicht weiter ausfĂŒhren.
Man nehme also die österreichische Monarchie, gesellschaftliche VerĂ€nderungen, Modernisierungen im Alltag und â bitte nun gut festhalten liebes Patriarchat â die erste Promotion einer Frau an der UniversitĂ€t. Man mische alles gut durch = Recipe for disaster.
Dazu kamen immense Spannungen im ewigen NationalitĂ€tenkampf von Ăsterreich-Ungarn. Sie gipfelten in heftigen den Demonstrationen gegen die sogenannte Badenische Sprachverordnung. MinisterprĂ€sident Badeni verordnete, dass Tschechisch in den Markgrafschaften Böhmen und MĂ€hren neben dem Deutschen als Amtssprache fungieren sollte. Anscheinend in ihrem Ego angekratzt empfanden das die Deutsch sprechenden der Donaumonarchie als existentielle Bedrohung. Es folgten Massendemonstrationen in Wien, Graz und Prag und Ausschreitungen im Reichsrat. Eine Polizeibrigade schritt dabei in einer Sitzung des Abgeordnetenhauses ein, da eine Diskussion zu sehr mit HĂ€nden und FĂŒĂen als mit Worten gefĂŒhrt wurde. Fast schon slapstickartig stĂŒrmten bereits hinausgeworfene, die mit bewaffneter Macht bei der einen TĂŒr hinausgeschleppt wurden, einfach bei einer anderen wieder hinein, um weiter Argumente auszuteilen.
Das alles spiegelte sich auch in den Debatten des Parlaments. Körperliche Ăbergriffe und Beschimpfungen waren an der Tagesordnung. Am 29. Nov 1897 z.B. konnte der PrĂ€sident Abrahamowic ânachdem er die Sitzung eröffnet, nicht mehr zu Worte gelangen, seitens der Obstruction wurden ihm die ehrenrĂŒhrigsten Bezeichnungen zugerufen, Papierfetzen und ZeitungsblĂ€tter flogen nach der PrĂ€sidententribĂŒne, ja selbst ein TintenfaĂ wurde nach dem PrĂ€sidenten geschleudert.â
Und Mark Twain, der dabei saĂ, schrieb brav mit, wovon er Zeuge wurde. Auch wenn jetzt die Gedanken verschmitzt zur heutigen GroĂmacht treiben, die Mark Twain seine Heimat nennen durfte – es war doch ein wenig anders.
© Nina Burian 2021-02-12