Über Pechölsteine im Mühlviertel

Ulrike Sammer

von Ulrike Sammer

Story

Ich habe schon mehrfach erwähnt, dass Steinen meine große Liebe gehört. Von edlen und halbedlen Steinen in meiner Vitrine zu Hause, über Felsritzzeichnungen, Kultsteinen, großen Steinformationen bis zu Pechölsteinen ziehen sie mich in aller Welt an. Das Mühlviertel in Oberösterreich ist besonders reich an Steinen und auch an Steinmetzen. Ein Eldorado für mich und auch für meinen Mann, der sich von meiner Stein-Leidenschaft anstecken ließ.

Etwas ganz Spezielles, das ich noch nie vorher gesehen hatte, sind hier die Pechölsteine. Wozu dienten sie?

Auf flachen, geneigten Steinen wurden Rillen in Form eines Blattes mit seinen Rippen gearbeitet. Nun wurde darauf ein Stoß aus harzreichem Holz errichtet. Das benötigte Kienholz wurde schon beim Holzarbeiten ausgeklaubt und im Idealfall zwei Jahre lang in der Sonne getrocknet. Die unteren Holzstücke wurden so zusammengebunden, dass sie stehen blieben, den Abschluss bildeten Späne. Der Meiler wurde mit Rasenstücken und Erde abgedichtet und bei Sonnenhöchststand oben angezündet. Das Feuer wurde je nach der Größe des Meilers einen halben Tag bis zwei Tage und Nächte genährt. Nach längerem verzögertem Brennen rann infolge des Hitzestaus das goldgelbe Öl, danach die Schmiere aus.

Das zuerst gewonnene Öl war das sog. „Heilsam“, das mancherorts nur verschenkt, nicht verkauft werden durfte, um seine Heilkraft zu behalten. Oft wurde es mit Butter und Honig zu einer Salbe verarbeitet. Es war noch Anfang des vorigen Jahrhunderts das Allheilmittel für Mensch und Tier, etwa bei wunden Beinen und Abszessen, in der Tiermedizin bei Hufverletzungen, Maul- und Klauenseuche, eitrigen Nabelgeschwüren bei Kälbern. Den Kühen wurde es mit Brot gefüttert, dass sie mehr Milch gaben, den Ochsen wurde der Bauch, wo der Haarwuchs geringer ist und wo sie schwitzten, damit eingestrichen, dass sich keine Fliegen ansetzten. Die Schuhsohlen wurden damit geölt, dass sich nicht so schnell abrieben, und der Kienruß diente als Farbe. Kienprodukte wurden aber – neben dem Hausgebrauch – auch gegen Waren und Dienstleistungen getauscht oder an Händler verkauft.

Das Pech wurde schon in der Antike arzneilich und technisch verarbeitet. Die in der Ilias als “peuke” erwähnte Schwarzkiefer lieferte Harze und Terpentin. Hippokrates empfahl, um das Vereitern frischer Wunden zu verhindern, einen wässrigen Pechauszug. Caelus Aurelianus führte im 1. Jhdt. nach Christus das Pechpflaster ein. Griechen und Römer stellten aus dem Holz Fackeln (Kienspäne) her, und das Pech der Aleppokiefer diente zum Weinkonservieren.

Bis gegen die Mitte des vorigen Jhdts wurde auf Pechölsteinen zur Sonnenwende noch Pechöl verbrannt, also geopfert.

Mein Mann und ich konnten ein paar sehr schöne Pechölsteine sehen und auch ein Fläschchen Pechöl erstehen.

© Ulrike Sammer 2021-02-17

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