von Musenzeit
Ein überbordernder Blütenstrauchzweig, der über eine Mauer wippt, erreicht mich auf einem Foto von N. aus Kreta. „This year, I won´t cut any flowers.“ Dann ein Foto-Gruß seiner Tochter M., ein mit Naturmotiven bemalter Stein. Die neue Saison in ihrem kleinen Hotel hat begonnen.
Ein kleines Paradies auf der Insel, das ich bei meinen Streifzügen entdeckte, kommt mir in den Sinn…
Als Symbol der Hoffnung und Resilienz grüßt mich am Eingang zum Paradies ein verbrannter, liebevoll dekorierter Olivenbaumstumpf, der geehrt wird und die Geschichte dieses Orts bei Chania erzählt. Vor der Feuerkatastrophe im Jahre 2003 standen in Skordalou noch über 100 000 Olivenbäume, teilweise über 400 Jahre alt. Von ihnen blieb nur noch Asche. Der Visionär Pietros Marinakis ließ sich nicht entmutigen und schuf mit Familie und Engagierten ein neues Naturparadies in seiner Heimat, das ich entdecken mag: Den Botanical Garden of Crete, europaweit einzigartig. Die kraftvolle visionäre Hingabe und Liebe, die diesem einstigen Katastrophen-Ort geschenkt wird, ist überwältigend spürbar und tief bewegend. 80 Hektar dichtes Grün aus aller Welt begrüßt mich, 3 km im Auf und Ab. Die alten Olivenhainstruktur mit Trockensteinmauern ist noch erhalten, die naturbelassenen Wege ähneln Berg- und Waldpfaden. Keine Motorsäge stört, die Gartenarbeit mit traditionellen Geräten ist fast lautlos. Schilder informieren und laden mich immer wieder mit Gedichten und Zitaten zur Kontemplation ein. „We are now once again rediscovering nature, its beauty, calmness, the wisdom in its simplicity and we are starting to learn again how to discern its hidden secrets; secrets that -though forgotten as time went by – have been well preserved by all great civilizations.“
Schattige Picknickbänke im japanischen Garten. Ahorngesäumte Wege. Zarte Obstblüten, Sakura auf griechischer Asche. Duftige mediterrane Kräuter streifen meine Beine. Kunstwerke säumen blühendes Frühlingsgrün. Kichernde Schüler sammeln sich verstohlen um die Statue einer „Schönen Badenden“ am Bach, deren Marmorbrüste verräterisch berührungsweiß leuchten.
Grellbunte Holzpapageien grüßen zwischen Kakteenpflanzungen, bevor sich echte Pfaue rund um den großen künstlichen See mit seinen vielfältigen tierischen Bewohnern zeigen. Ein Aufgeweckter unter ihnen schlägt unermüdlich sein Rad und läuft mir den Weg voraus, taucht im Zitronenhain unter, in den Weinpflanzungen wieder auf, versteckt sich zwischen duftenden mediterranen Kräuterbüschen. Seine Hide-and-seek-Aktionen lassen mich lachen. Erst am Amphitheater, kurz vor dem Ausgang, dreht er um. Auf der Terrasse im Cafe-Restaurant mit Blick über den Park probiere ich, was der Garten kulinarisch schenkt. Obst, Gemüse und Kräuter werden frisch aus dem Botanischen Garten verarbeitet. Zitronen, die Hochzeitsfrüchte für Zeus und Hera von „Mutter Erde“ Gaia, so die Sage, werden mir mit Sprudelwasser und einem überaus charmanten Lächeln serviert. Ich lasse mir eine der Oliven, die in den Nachbarhainen wachsen, auf der Zunge zergehen. Ein sommerfrischer Kuss ist das Soda Zitrone auf meinen Lippen, mit einem Hauch Rosmarin. Versonnen betrachte ich das schimmernde Auge der Feder, die mir der Pfau überließ… –
© Musenzeit 2025-05-22