von Luna Winkler
Es heißt, man muss sich erst selbst lieben, um jemand anderes lieben zu können. Ich weiß nicht, was ich von diesem Satz halten soll. Ist es denn ein Satz oder doch mehr eine Floskel? Eine Formulierung für all jene, die eine Ausrede suchen, um nicht zu lieben?
Ich glaube, es war auch meine Ausrede. Zumindest bis ich dich traf. Und ich mich verlor. In den Gefühlen, die von nun an mein Tun und Handeln beschlagnahmten. Ich war machtlos. Du zu übermächtig, die Realität zu sehr Traum, als dass ich sie als solche erkannt hätte.
Wie viele Texte habe ich schon geschrieben, in denen ich aus dem Kitsch-Schnulzen-Schwärmen gar nicht mehr herauskam. Ich habe versucht in Worten zu erklären, was ich für dich empfinde, versucht, die richtigen zu finden, um das zu beschreiben, was mich nun seit drei Jahren nicht mehr loslässt. Ich muss gestehen, ich habe es bisher nicht geschafft.
Ich habe experimentiert, habe Nachforschungen angestellt, habe getüftelt und bis spät nachts mit Silben und Syntax und Metrum und all dem anderen Sprachdingsdabums rumhantiert, von dem ich dachte, es wäre das richtige Handwerkszeug, um dich zu beschreiben. Nach so vielen kläglichen Versuchen weiß ich, dass ich mich an eine unmögliche Aufgabe gemacht habe, dessen Lösungsweg sich mir nicht auftun will. Ich sehe ihn einfach nicht. Ich kann es einfach nicht. Und vielleicht soll ich es auch nicht.
Dich beschreiben. Dich in ein Korsett an Wörtern pressen, das dir schlichtweg nicht passt. Vielleicht sind die Grenzen des Machbaren bei dir einfach nicht da, unsichtbar, nicht existent. Vielleicht, ja vielleicht muss ich einsehen, dass du einfach zu viel bist. Zu viel für die Sprache. Zu viel für die, die ich spreche.
Vielleicht gibt es ja eine auf dieser Welt, die vermag, das zu tun, was mir schon so lange verwehrt ist und wohl auch bleiben wird, wenn nicht ein Wunder passiert. Aber was rede ich von Wunder, habe ich doch dich. Du bist Wunder genug für ein Menschenleben.
Ich habe es schon so oft gesagt, du sprengst jeden Rahmen der Sprache, des Ausdrucks, der Formulierung. Ich kann es nicht mehr in Worte fassen, es geht einfach nicht. Oft stehe oder sitze oder liege ich da, auf meiner Bettdecke und starre gen die des Zimmers, auf der Suche nach den perfekten Worten. Worte müssten es sein, Worte würden reichen, ich suche ja nicht mal nach ganzen Sätzen.
Aber ich scheitere. Ich verzweifle. Und frage mich, wohin sie mir verloren gegangen sind. Du hast mir die Sprache gestohlen. Du hast – du hast mich überwältigt. Du hast es geschafft. Mir nicht nur den Atem bei deinem Anblick, bei deinem Lächeln, sondern zeitgleich die Sprache zu rauben.
Das schafft nicht jeder. Eigentlich nur du. Du, der keine Worte gebraucht, um sich auszudrücken. Wie du es trotzdem tust, keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich es nicht kann.
Und so komme ich voller Überforderung immer auf diese drei simplen Wörter zurück, die gewiss nicht mehr das ausdrücken können, was sie doch sollten.
Es ist einfach zu wenig. Dieses „Ich liebe dich“.
© Luna Winkler 2022-09-29