von G.F. Stöger
Lange schon wünschten sich unsere Kinder eine Übernachtung im Zug. Genau gesagt im Schlafwagen. Es war soweit. Ich und Töchterlein hatten einen 3er-Schlafwagen reserviert (also 2 Plätze davon). Es sollte der krönende Abschluss des Besuches bei den Großeltern sein. Da Abfahrt erst nach 22 Uhr gönnten wir uns einen Film zur Überbrückung der Zeit. Mein Bruderherz holte uns pünktlich ab und lieferte uns zum Bahnhof aus.
Wir hatten im letzten Waggon reserviert und es regnete WIRKLICH ordentlich (der Nachbarbezirk stand 3 Stunden später Land unter). Also bis zum Ende der Überdachung, warten bis der Zug einfährt und dann … RENNEN.
Mit Hilfe des äußerst netten Zugbegleiters hievten wir den schweren Koffer (gefüllt mit sämtlichen Utensilien, die Madame für 2 Wochen halt so braucht) die schmale Treppe rauf. Dann hieß es Abteil suchen. Interessanterweise waren die Betten nicht auf- oder absteigend sortiert. Natürlich – es musste ja das letzte sein. Glücklicherweise kann man beide Koffer rollen – sogar schmalseitig. Nie und nimmer wären wir sonst durch den engen Gang gekommen.
Unsere „Zimmerkollegin“ wartete bereits und half uns, das Gepäck zu verstauen (bitte WIE stellt die ÖBB sich das vor mit einem großen und schweren Koffer und 1. KEIN großes Gepäckfach und 2. das kleine Gepäckfach auf Höhe des obersten Bettes?).
Auch bei der Buchung musste offenbar etwas schief gelaufen sein. Ich hatte MITTE und UNTEN angegeben und wir bekamen OBEN und UNTEN. Irgendwie blöd, wenn die 9jährige Tochter mit einer fremden (aber sehr netten) Person dazwischen schlafen soll. L. tauschte dankenswerterweise Mitte mit Unten und auf die Frage, wo das Töchterlein ihr Schlafgemach einnehmen möchte, kam prompt „oben“ zurück.
Aaaalso für höhenangstgeplagte Menschen ist weder Mitte noch Oben geeignet. Die nur eingehängte Leiter offenbarte sich sowohl in Breite als auch Tiefe (von den Tritten her) als wirklich schmal. Für die Prinzessin kein Problem. Mama kämpfte da schon eher. Ich fand danach eine bessere Variante über unterste Bettkante und Koffer. Es dauerte eine Weile, bis wir uns eingerichtet hatten. Derweil erschien der Steward mit einer Flasche Frizzante „zum besser Einschlafen“ (schaute ich so fertig aus oder ist das Standard?). Das Frühstück ließen wir aus, hieß es doch mehr Schlaf. Und ein Geschenksackerl wartete ebenso.
So schnell war dann an Schlaf doch nicht zu denken. Nachdem der Nachwuchs sich eingerichtet hatte, kletterte sie affenlike zu mir zum Kuscheln. Danach noch ihr typisches „Bitte noch 10 Minuten!“ Sie wollte lesen. 20 Minuten später schaltete sie ihr Nachtlicht freiwillig aus. Hand runter, ich meine rauf, beten und es hieß „Schlaf gut!“ Na ja, wir schliefen – mit Unterbrechungen beim An- und Abkoppeln der Waggons. Trotzdem war es im Vergleich zum Liegewagen (den hatte ich 18 Jahre zuvor für 6 Monate intensiv zwischen NÖ und Vorarlberg genutzt) wirklich fein, fast luxuriös.
Ausgeschlafen? Null! Erlebnisfaktor? 10!
© G.F. Stöger 2020-08-23