von Riki Köberl
Ich will die Post aus meinem Postfach nehmen. Es ist Nachmittag, ich schaue gegen die Sonne, und sehe eine sonderbare Gestalt auf dem Postkasten. Ein UFO? Sie spiegelt sich auf dem Blech. Ist das ein modernes Spielzeug, hat sich etwa gar ein Überwachungsgerät verflogen? Gegen das Licht schaut es aus, als ob sich eine moderne Drohne verflogen hat und hier gelandet ist. Wer weiß, vielleicht ist da eine Kamera installiert und jemand beobachtet diese Gegend.
Nach näherer Betrachtung macht hier ein großer grüner Grashüpfer Rast und will die Welt von oben sehen. Er ordnet sich den Langfühlerschrecken unter und lebt in der Familie der Laufheuschrecken. Obwohl ich weiß, dass das Tier harmlos ist, kommt etwas wie ein Fürchten in mir auf. Irgendwie so, wie auch bei den Spinnen, doch dann siegt die Vernunft und ich sehe genau hin. Mit seinen langen Flügeln ist das Insekt sehr mobil und hat damit diesen Landeplatz erreicht. Er scheint auch von diesem kahlen Platz ganz angetan zu sein und lässt sich gerne bestaunen.
Bis diese Tiere das adulte Stadion erreichen, häuten sich die Imagines und die Larven siebenmal. Nach der vierten Häutung erscheint der Legebohrer beim Weibchen. 200 bis 600 Eier legen die Weibchen einzeln oder in kleinen Gruppen in den Boden. Die Entwicklung der Embryonen kann zwischen 1,5 und maximal fünf Jahre dauern. Ei – Larve – Imago (Bild der Art) – Adultstadium
Meist ernähren sie sich von Insekten und deren Larven, wie Fliegen, Raupen und Blattläuse und man kann sie zu den Nützlingen zählen.
Wenn ich auf der Wiese spazieren gehe, höre ich gerne den Männchen beim Zirpen zu, das fängt meist nachmittags an und dauert bis zum Abend. Den Gesang erzeugen sie mit ihren Stridulationsorganen, die sich auf den Vorderflügeln befinden und durch das Reiben der Vorderflügel ist dann das laute Schwirren zu hören.
Wenn man die Möglichkeit hat so ein Tier genau zu betrachten, sieht man die Hörorgane auf den Knien der Vorderbeine, welche durch kleine Schlitze zu erkennen sind.
ACH, kleine Heuschrecke!
DU bist individuell; wer kann schon mit den Füßen hören? Die langen Fühler verleihen dir Grazie. Mit deinen Flügeln bist du schnell an einem anderen Ort. Verfliegst du dich auch manchmal in ein Wohnzimmer der Menschen, sie reagieren meist verwirrt; habe Verständnis, sie erschrecken sich leicht.
Bei der sonntäglichen Ö1 Sendung „DU HOLDE KUNST“ habe ich dieses Gedicht vom„Gedankengehüpfe im Grasbett“gehört.
Sommerfrische
Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß, das durch den sonnigen Himmel schreitet.Und schmücke den Hut, der dich begleitet, mit einem grünen Reis.Verstecke dich faul in der Fülle der Gräser.Weil’s wohltut, weil’s frommt.Und bist du ein Mundharmonikabläserund hast du eine bei dir, dann spiel, was dir kommt.Und lass deine Melodien lenken von dem freigegebenen Wolkengezupf. Vergiss dich. Es soll dein Denkennicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf.
Joachim Ringelnatz (1883-1934)
© Riki Köberl 2021-04-24