Es ist wiedereinmal Freitag Nachmittag und die Woche neigt sich dem Ende zu. Doch bevor wir in das Wochenende starten können, muss mein Herrchen, den ich liebevoll Docâ nenne, noch einige Befunde schreiben. Ich wĂŒrde ihm ja liebend gerne helfen, aber als ich das letzte Mal mit meiner Vorderpfote in das Stempelkissen getreten bin und alle Unterlagen mit meinen PfotenabdrĂŒcken versehen habe, war er nicht so âamusedâ.
Also entscheide ich mich diesmal einfach zu warten, bis er mit dem Papierkram fertig ist und lege mich gemĂŒtlich in mein Katzenbett. Nachdem die Zeiger der Uhr bereits eine ganze Runde gedreht hatten, wurde ich ungeduldig und schlich mich auf leisen Pfoten in das Arbeitszimmer meines Doc’s. Als ich auf das Fensterbrett springen möchte, erblicke ich eine noch nie zuvor dagewesene Pflanze. VerĂ€rgert ĂŒber dieses neuartige Ding auf meinem Fensterplatz âMiaueâ ich laut.
Mein Doc erkennt sofort das Problem, steht von seinem Schreibtisch auf und nimmt den Kaktus von meinem Platz weg und stellt ihn auf den Schreibtisch. âAch, mach dir keine Sorgen Bob, dein Platz ist wieder frei. Ich habe diesen Kaktus von einem Klienten geschenkt bekommen. Dieser Klient und ich hatten einen etwas holprigen Start, anfangs war es quasi als wenn man einen Kaktus umarmen wollte.â Mein Doc murmelte noch ein paar Worte vor sich hin, bevor er sich wieder auf seinen Schreibtischstuhl setzte und die letzten Schreibarbeiten zu Ende brachte. WĂ€hrenddessen hatte ich bereits auf dem Fensterbrett Platz genommen, um die Vögel zu beobachten, die gerade fröhlich auf dem Lindenbaum an der Strasse ein Lied singen.
Als mein Doc endlich seine Aktentasche in die Hand nimmt und das Licht seiner Leselampe ausknipst, springe ich voller Freude vom Fensterbrett auf seinen Schreibtisch. Ich laufe quer ĂŒber den Schreibtisch und schnurre laut vor Dankbarkeit. Leider ist mir dabei gar nicht aufgefallen, dass ich bei meiner spektakulĂ€ren Landung mit einer Pfote im Stempelkissen gelandet bin. Als ich nach hinten blicke, sehe ich ein dutzend Katzenpfoten quer ĂŒber den Schreibtisch und sĂ€mtlichen Unterlagen verteilt. Mein Doc lacht laut und streichelt mir ĂŒber den Kopf. âKomm lass uns nach Hause gehen, du kleiner Tollpatsch!“
© DieKatzedesPsychologen 2021-05-22