Unbekannte Algarve – beim Olivenbauer

Sigrigel

von Sigrigel

Story

Im Sommer 2000 entschied ich mich einen Sprachkurs in Faro, Portugal, zu buchen. Einerseits um die Sprache besser zu lernen, andererseits um endlich die vielgerühmte Algarve kennenzulernen. Es ergab sich, dass ich mich im Sprachkurs mit einem netten schwedischen Kursteilnehmer anfreundete. Nachmittags, in unserer Freizeit, borgten wir uns ein kleines Auto aus und gondelten damit die Algarve entlang.

Zuerst entdeckten wir die touristisch stark genutzten Küstenorte: Portimao, Cabo di Sao Vincente („das Ende der Welt in Europa“), die idyllischen Orte Tavira und Olhao sowie die Burg in Silves mit ihren imposanten Zinnen und Burghof.

Doch auch das unspektakuläre Hinterland erregte unser Interesse. Damals noch im Ökotourismus und in der Regionalentwicklung tätig, wollte ich mehr über die Wasserprobleme und die, den Einwohnern Wasser raubenden Golfplätze wissen.

Wir entschlossen uns, eine Wochenendtour ins unbekannte Hinterland der Algarve zu unternehmen,mit viel Mineralwasser, kühlen Drinks, Brot sowie Olivengläsern im Rucksack.

Es hatte bereits 36 Grad im Schatten als wir losfuhren. Nach einiger Zeit tauchte vor uns ein unbekanntes Dörfchen mit Olivenhainen, gackernden Hühnern und herumlaufenden Schafherden auf, die uns den Weg versperrten.

Also ließen wir das Auto neben der Schafherde stehen und erkundeten zu Fuß die Region im Hinterland der Algarve. Eine Weile zu Fuß unterwegs, vorbei an ursprünglichen Gehöften, weiteren Schaaaafherden, Weilern, machiaähnlicher Flora auf holprigen Wanderwegen kamen wir zu einem Bauernhof mit großen Olivenbäumen und Landbesitz im Nirgendwo. Der ältere Bauer, etwas krumm und mit schiefen Zahnreihen, war gerade in seinen Gärten mit der Begutachtung seiner stolzen Olivenbäume beschäftigt.

Als er uns entdeckte, steuerte er gestikulierend und lächelnd auf uns zu. Er begrüßte uns herzlich und lächelte entzückt durch seine schiefen Zahnreihen.

Bemerkend, dass wir Deutsch und Englisch sprachen, kamen aus seinem Mund einige Brocken deutscher Sprache, anfangs schwer verständlich.

So lud er uns in seine bescheidene Hütte ein, kredenzte selbstgemachten portugiesischen Wein, Oliven mit süffigem Olivenöl, Sardellen,Schafkäse und trockenen Kuchen. Er wohnte offenbar alleine in dieser kargen Gegend, freute sich sehr, dankbare Gesellschaft und Abwechslung zu seinem Alltag gefunden zu haben. Voller Stolz erzählte er in einem Mix aus Deutsch, Englisch und Portugiesisch, dass er einst als junger Mann in Deutschland war, am Bau gearbeitet hatte, um sich später Olivenbäume und ein Stück Land leisten zu können. Seine Frau war schon gestorben, die Kinder fort, verstreut in alle Richtungen Europas.

Als wir uns nach einigen Gläsern Landwein erheitert verabschiedeten, mussten wir versprechen, ihn bei nächster Gelegenheit wieder zu besuchen und „sein Deutschland“ grüßen zu lassen. Dass ich Österreicherin bin und mein Begleiter Schwede, war ihm nicht bewusst.

© Sigrigel 2020-05-14

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