von Finja Prodöhl
Ohne Begleitung war ich hierhergekommen, ganz allein und nur, um meine Sehnsüchte zu befriedigen. Um ein paar Stunden meine Probleme zu vergessen und mich voll und ganz meinem Verlangen nach körperlicher Nähe hinzugeben. Von emotionaler Nähe hielt ich nichts mehr, nicht, seitdem meine Ex mir das Herz in tausend Stücke gerissen hatte. Als Frau wurde man oft schief angesehen, wenn man nur eine schnelle Nummer wollte. Aber das war mir egal. Dafür war ich hier, und ich würde heute Nacht nicht allein nach Hause gehen.
Jetzt stand ich hier an die Wand gelehnt, versteckt in einer Ecke der Bar und es schien, als würde die Zeit stillstehen. Dutzende Menschen tanzten und vergnügten sich wild um mich herum. Die Luft war getränkt vom Geruch nach Schweiß und Alkohol und es war drückend heiß. Doch ich hatte nur Augen für sie, mein neuestes Objekt der Begierde. Sie saß lässig auf einem Barhocker, einen Arm auf die Theke gestützt. In ein Gespräch mit anderen Frauen – ihren Freundinnen? – vertieft, bemerkte sie mich nicht. Eigentlich war sie zu alt für mich, wahrscheinlich schon Anfang dreißig. Doch ich mochte ältere Frauen, denn sie strahlten eine Reife aus, die ich äußerst begehrenswert fand. Ich nahm einen großen Schluck meines Vodka Sour und überlegte, wie ich sie am besten ansprechen sollte.Genau in dem Moment schweifte ihr Blick durch die Menschenmenge und blieb an mir hängen. Meine Haut bebte ob der unverhohlenen körperlichen Anziehung. Ich strich mir beinahe verlegen durch mein langes blondes Haar.Sie stellte ihren Drink hin und stand auf, die Augen noch immer auf mich gerichtet. Wollte sie etwa den ersten Schritt machen? Tatsächlich, langsam bahnte sie sich ihren Weg durch die feierwütige Menge und kam Schritt für Schritt näher.
„Willst du tanzen?“
Die Unbekannte trug ein enges, vorn zusammengeschnürtes Top und Jeansshorts. Ein Nasenpiercing, das ich zuvor nicht bemerkt hatte, vervollständigte das Bild der unnahbaren Draufgängerin. Neben ihr fühlte ich mich in meinem bauchfreien Top und den schwarzen Jeans nahezu unsexy.
Wir bewegten uns zur Musik und mein Blick blieb immer wieder an ihren vollen Lippen und ihrem attraktiven Körper hängen. Als sie mich das erste Mal berührte, schoss ein Adrenalinschwall durch meinen Körper. Das Blut pulsierte schneller durch meine Adern. Ich wollte sie so sehr.
Entschlossen näherte ich mich ihrem Gesicht. Meine Lippen streiften schmetterlingszart ihre Wange. Ein leises Wispern, eine unmissverständliche Aufforderung: „Nimm mich mit zu dir!“.
Der Beginn einer unbeschreiblichen Nacht.
© Finja Prodöhl 2023-01-12