von Solandra
ist mein regelmäßiger, ironisch gemeinter Kommentar, sobald ich im TV oder im Internet Nachrichten lese, die m. E. mit dem gesunden Menschenverstand nicht vereinbar sind oder meinem instinktiven Bauchgefühl widersprechen.
Viele Neuigkeiten, die uns rund um die Uhr erreichen, sind Daten aus zweiter oder dritter Hand. In Zeiten der digitalen Medien können wir die meisten Informationen nicht mehr wirklich auf ihre Wahrheit und Echtheit hin überprüfen.
Als wohlmeinende Menschen werden wir sagen: Warum sollte man uns grundlos anschwindeln? Wir sind ja schließlich nicht in einem Krimi, in dem die bösen Buben eine Story erfinden, um von einer möglichen eigenen Schuld abzulenken?!
A propos Krimi. Einer meiner Lieblingsautoren ist Harlan Coben. Ich lese seine Romane im englischen Original. Und Aussagen, die ich besonders interessant finde, schreibe ich mir umgehend auf. In ein kleines DIN-A-6-Büchlein, das ich regelmäßig durchblättere und in dem ich nicht selten die Idee für eine neue Geschichte finde.
In einem spannenden Coben-Thriller erhält ein Mann (nennen wir ihn Ben) zwei e-Mails mit dem Absender seiner vor 5 Jahren verstorbenen Ehefrau. Sie war bei einem Überfall unter nie wirklich geklärten Umständen ums Leben gekommen. Soweit die offizielle Polizeiakte.
Die erste Nachricht, die Ben öffnet, enthält ein aktuelles Foto seiner Frau und die zweite sogar ein Video, in dem sie über einen Zebrastreifen geht und lächelnd in die Kamera winkt. Er ist wie vom Donner gerührt. Und kann nicht glauben, was er sieht. Und er beginnt zu recherchieren.
Im Laufe seiner Ermittlungen kommt er in Kontakt mit dem IT-Experten Paul, einem jungen Nerd, dessen Leidenschaft die digitale Welt ist. Ben weiß natürlich um die Existenz von Bildbearbeitungs- und Gesichtsalterungssoftware und deren erstaunlichen Möglichkeiten.
Aber was Paul ihm theoretisch erklärt und praktisch vorführt, geht einen Schritt weiter. Digitale Bilder und auch Videos bestehen aus Pixeln. Das ist in Herstellung und Qualität etwas vollkommen anderes als die Kinderfotos, die wir in unseren Familienalben archiviert haben. Paul führt vor, wie man via copy/paste einfach die Pixel austauschen und damit ein Bild wie auch ein Video komplett verändern kann. Auch für Experten kaum nachprüfbar.
Ich bin beeindruckt. Und komme ins Grübeln. Kann ich digital erstellten und in den Medien veröffentlichten Fotos überhaupt noch trauen? Technisch ist fast alles möglich. Was man benötigt ist eine bestimmte Absicht, das technische know-how und Equipment und die mediale Plattform.
Gerade in den aktuellen Krisenzeiten umgeben uns jeden Tag zahllose Bilder, Videosequenzen. Diagramme und Statistiken. Wir müssen nicht gleich paranoid werden, aber ein wenig Skepsis kann nicht schaden. Wenn wir allerdings eines Tages das Foto eines viereckigen Mondes präsentiert bekommen, wäre es definitiv Zeit innezuhalten und aufzuwachen ;-)
© Solandra 2020-11-16