von Walter Stübler
Vollmond. Wie fast täglich gehe ich mit unserem Hund Janosch spazieren. Hintaus, auf Feldwegen. Eine klare Nacht kündigt sich an. Straßenlaternen leuchten von der Ferne. Da bemerke ich am äußersten linken Rand meiner Brille aufblitzende Lichtpunkte. Einen oben, einen unten. Es spiegelt sich wohl der Vollmond in meinen nicht wirklich gründlich geputzten Gläsern. Doch die Lichtspiele bleiben, besonders nach ruckartigen Bewegungen zur Seite.
„Janosch, lass die Katze in Ruh‘!“
Dass nicht der Vollmond die Ursache für die Blitze ist, bemerke ich daheim vor der Haustür. Dort sieht man nämlich den Vollmond nicht. Ich drehe den PC auf. Konsultiere Doktor Google. Es könnte sich um Netzhautprobleme handeln.
Am nächsten Tag beim Augenarzt: Er erklärt, warum es blitzt. Sonst ist alles in Ordnung. Falls in nächster Zeit jedoch ein Ascheregen oder schwarzer Vorhang im Auge auftaucht, sollte ich rasch reagieren.
Neun Tage später: Weder Ascheregen noch schwarzer Vorhang, aber immer wieder lästige Schlieren im linken Auge, rechts unten. Ich vereinbare einen weiteren Arzttermin.
„Gut, dass Sie gekommen sind, fahren Sie bitte gleich ins Krankenhaus, hier ist Ihre Überweisung“.
Nach umfangreichen Untersuchungen und Beratungen, das Ergebnis: Eine Operation ist notwendig. Innerhalb einer Woche müsste sie sein, möglich wäre aber auch schon am nächsten Tag. Ich willige ein. Je früher, desto besser. Daraufhin werde ich stationär aufgenommen. Den Ablauf hat man mir genau erklärt. Klingt spannend, jedenfalls schmerzfrei. Das beruhigt mich und ich schlafe die Nacht durch.
Das Krankenhausfrühstück ist gut und reichlich.
„Mittagessen gibt’s für Sie erst nach der OP“, sagt die Schwester und tropft mein linkes Auge ein. Der Vormittag vergeht wie im Flug mit Duschen, Dösen, Telefonieren. Soweit in dieser Situation möglich fühle ich mich wohl. Ich habe volles Vertrauen in die Ärztinnen und Pfleger. Ihre Professionalität und die Ruhe, die sie ausstrahlen, stimmen mich zuversichtlich, dass alles gut gehen wird.
Und es ging auch alles gut. Lokale Betäubung, Netzhaut geflickt, am nächsten Tag nach Hause. Eine Zeit lang so viel wie möglich auf der Seite Liegen.
Ich empfinde Bewunderung für den medizinischen Fortschritt und Dankbarkeit für die menschliche Rundumbetreuung.
© Walter Stübler 2022-12-12