von Jakob Hysek
„Ich schlief und träumte das Leben wäre Freude.
Ich erwachte und sah das Leben war Pflicht.
Ich handelte und siehe die Pflicht ward Freude.“
Dieser Spruch von Rabindranath Tagore war der Lieblingsspruch meines Großvaters. Als Opa gestorben ist, habe ich sein Bild davon ohne groß nachzudenken in meinem Zimmer aufgehängt. Oft bleibe ich davor stehen, aber nur manchmal wird mir die Bedeutung bewusst. Wenn man, so wie meine Großeltern zwischen der Weltkriege geboren und aufgewachsen ist, muss dieser Spruch, als Lebenseinstellung umgesetzt, ein sicherer Anker und Kompass zu einem zufriedeneren Leben gewesen sein. Aber auch heute hat er mehr als nur eine Daseinsberechtigung und wir sollten uns immer wieder bewusst werden, dass Freude finden gar nicht so kompliziert sein muss.
Mir nahestehend gibt es eines der besten Beispiele: Kein Mann großer, nach außen getragener, Emotionen. Eigentlich bereits in Pension arbeitet er immer noch, denn „die Pension hat noch keiner überlebt!“ Wenn ihn jemand fragt „wieso?“ antwortet er überrascht: „Na, weil ich gerne arbeite?!“
Diese Lebenseinstellung, die von einem grundtief-verankerten Pflichtbewusstsein zur Zufriedenheit führt, die lebt er für mich einfach. Wie das einhergegangen ist weiß ich nicht genau. Aber irgendwo muss es angefangen haben. Ein gewisser Grundstein wurde sicher schon in der harten Zeit im Internat gelegt. Weit weg von zu Hause, weit weg von den Eltern gaben die Pater der Klosterschule den Tagesablauf vor. Auch wenn immer wieder rebelliert wurde, eine gewisse Disziplin wurde sicherlich eingeimpft. Danach folgte die Ausbildung zum Milizoffizier, in der man sich freiwillig einer harten Ausbildung zur Führungskraft unterzieht.
Während des darauf folgenden Studiums kam die Geburt seines ersten Kindes wohl etwas früher als geplant. Pflichtbewusst begann er neben den finalen Zügen des Studiums zu arbeiten, um für die Familie sorgen zu können. Die Arbeit nahm überhand, das Studium geriet in den Hintergrund und anstatt der Berufung ins Klassenzimmer zu folgen, schlug er den Weg vom Quereinsteiger zur Führungsposition, bis zu einer lehrenden Position im Unternehmen ein. Eine Karriere geprägt von Fleiß und dem nötigen Pflichtbewusstsein, auch die mühsamen Zeiten durchzustehen. Nebenbei wurden sowohl gesellschaftliche Verpflichtungen, wie das ehrenamtliche Engagement in der Politik als auch in diversen Vereinen wahrgenommen.
Währenddessen wuchs die Familie. 3 Söhne entwickelten sich und hatten trotz klarer Regeln mehr als genügend Freiraum, um sich selbst zu finden und entwickeln. Allerdings nur, solange eingegangenen Verpflichtungen die nötige Aufmerksamkeit gegeben wurde. Ein Gleichgewicht, das einem allen Freiraum ermöglicht, solang man sich an Spielregeln hält. So kann die Pflicht zur Freude werden.
Und so können wir uns immer wieder bewusst werden, dass Freude finden gar nicht so kompliziert sein muss. Danke Papa und danke Opa!
© Jakob Hysek 2022-11-01