von Micaela Hemesath
Hinlänglich bekannt ist mein Fliegerleben. Es brachte einen Wohnungswechsel mit sich, der damals locker in meinem alten VW stattfand. MUC, FRA. Erstmal war es ein möbliertes Zimmer. Doch wer will schon in NUR einem Zimmer leben? Also mietete ich großkotzig zwei Zimmer. Bad und Toilette über den Gang. Alles war ungewohnt. Am Allerungewohntesten war der Dialekt. Als sprachbegabtes, damals mit 22 Jahren schon weitgereistes Girl, lernte ich schnell “Handkäs mit Mussick” zu bestellen und den sauren “Äppelwoi” nachzuspülen. Lange blieb mir völlig unverständlich, wie man auf das saure Gesöff lustig werden kann. Man musste halt mehr trinken. Doch dazu kam es nie, denn vorher meldeten meine Eingeweide schon den Durchmarsch an.
Die Begrüßung ist schlank in Hessisch: “Ei Gude”! (Hallo, Servus, wie geht´s dir?) Ja, man kann sagen, ich habe mir das “Hesselond” und Frankfurt hart erarbeitet. Nachdem ich ziemlich schnell festgestellt hatte, dass man in der Ausbildungs– und Probezeit bei Lufthansa nicht besonders viel verdiente, musste ich mir eine Kollegin suchen, die mit mir die Miete und die Zimmer teilte. Es war auch eine Münchnerin, sodass ich wenigstens kurz am Tage heimatliche Töne hörte. Da wir zwei saubere Wesen waren, wollten wir auch jeden Tag duschen. Die Vermieterin war geschockt! “Ei was wolle se? Jede Tog dusche? Des Kost aba nomol 50 Pfennig jedesmol extra!“ Wir waren bereit zu zahlen. Kurz darauf wurden wir raus geschmissen, denn es drang wohl Wasser in ihr Wohnzimmer, was unter dem Bad lag.
So machten wir unsere Ausbildung und mussten zweimal umziehen, bevor wir uns eine eigene Wohnung nahmen. Auch hier wurde, trotz des gemeinsamen Dialekts, nicht die gleiche Sprache gesprochen. Wir gingen bald getrennte Wege, als ich aufgefordert wurde, ab sofort das Klopapier zu kaufen, “Drei scheißen mehr als zwei!” Der Grund? Ich hatte einen Freund, sie nicht!
Genau das fiel mir heute ein, als ich auf meinen schönen Balkon schaute, rechts, der noch leicht schneebedeckte Untersberg, vor mir die Salzach Au. Aber direkt vor mir eine Amsel, die sich die Lunge ausflötete. Wahrscheinlich um ein weibliches Wesen zu betören. Ist ja nett! Beinahe habe ich schon Amselisch gelernt. “Birdie, ich muss den Wäscheständer raus stellen!Die Sonne scheint und ich freue mich, dass man jetzt wieder den frischen Duft luftgetrockneter Wäsche genießen darf.“ Vorsichtig mache ich die Balkontür auf, schiebe das Insektengitter weg. Vorwurfsvoll, ohne auch nur einen Millimeter zu weichen, dreht sich Herr Amsel um und schaut mich direkt an. “Und was?” Kurz denke ich noch: Scheiß mir ja nicht auf die neue Balkonumrandung! Gedacht, Getan! Und zwar ausgiebig. Da fiel mir der kernige und passende hessische Spruch ein: “Druff geschisse!“
Scheiße bringt Glück! Also wird heute ein wunderbarer Tag!
Foto: Aneta Pawlik, unsplash
© Micaela Hemesath 2022-04-12