Und wieder ein Abschied

Irene Schmidt

von Irene Schmidt

Story

Als Martin den Kindergarten besuchte wollte ich wieder in meinem Beruf arbeiten. In einem privaten Seniorenstift, nahe unserer Wohnung, verpflichtete ich mich, aushilfsweise Nachtdienst zu machen. Nach kurzer Einarbeitung oblag mir die Betreuung von ungefähr sechzig alten Menschen. Die Arbeit war sehr anstrengend, da die Patienten teilweise dement, und gerade in der Nacht oft unruhig waren. Acht Jahre dauerte unser Aufenthalt in Karlsruhe. Manfreds Firma hatte ihren Hauptsitz in Amerika und wurde kurzfristig dorthin verlegt. Mit drei schulpflichtigen Kindern war uns der Wechsel nach Amerika zu ungewiss.

Manfred wurde aufgrund seiner großen beruflichen Erfahrung die Stelle eines Geschäftsführers in einer weltweit agierenden hessischen Firma angeboten. Um unseren Kindern einen geordneten Schulübergang zu ermöglichen, blieb ich mit den Kindern in Karlsruhe. Fast zwei Jahre war daher eine Wochenendehe die für uns notwendige Lösung .Sabine bekam nach erfolgreichem Abitur einen Studienplatz in Gießen und so stand einen Umzug nach Hessen nichts mehr im Wege.

Die Domstadt- und Goethestadt Wetzlar gefiel uns. Wir erwarben in einem alten Haus in der Wetzlarer Neustadt eine Eigentumswohnung. Mit viel Arbeitsaufwand und nicht unerheblichen Kosten bauten wir den dazugehörigen, verwinkelten Dachboden aus und bewohnten so eine geräumige Maisonette, in der wir uns auf zwei Etagen ausbreiten konnten.

Manfreds beruflicher Aufstieg war eine Herausforderung, die er mit großem Einsatz bewältigte. Bis zu seiner Pensionierung war er in dieser Firma erfolgreich tätig. Aufgrund seiner zahlreichen Geschäftsreisen war eine Berufstätigkeit für mich nicht mehr möglich, ohne den Haushalt und vor allen die Kinder zu vernachlässigen

In der Wetzlarer Domgemeinde fand ich überwiegend offene Strukturen. Deshalb habe ich ehrenamtlich im Pfarrgemeinderat und auch in der Diözesanversammlung des Bistums Limburg mitgearbeitet. Ich bedaure es nicht, da gerade in den Gemeinden gute Arbeit geleistet wird. Für mich waren die vielen Kontakte mit interessanten Menschen eine Bereicherung, die ich nicht missen möchte.

Im anspruchsvollen Wetzlarer Domchor mitzusingen und im Laufe der Jahre organisatorische Aufgaben zu übernehmen machte mir ebenfalls viel Freude. Von unserem, von mir sehr geschätzten Kantor, Horst Christill, bekam ich den würdevollen, österreichischen Titel „Frau Chef“ verliehen, der mir noch heute anhängt.

Zu dieser Zeit war in vielen katholischen Gemeinden Deutschlands eine große Aufbruchsstimmung. Franz Kamphaus , der Bischof von Limburg, war einer der wenigen Kirchenmänner, der auf der Seite der Gläubigen, vor allem der Frauen war. Gegen die mächtige Kurie in Rom und ihre Anhänger hatte er wohl zu keiner Zeit eine Chance.

Leider sind viele engagierte und charismatische Priester und kirchliche Mitarbeiter an dieser Kirche zerbrochen und viele gläubige Christen kehren ihr den Rücken.

© Irene Schmidt 2020-08-31

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