von Sabrina Farkas
Wer kennt sie nicht, die überzogenen Erwartungen, den Druck, der mit ihnen einhergeht, das Gefühl der Unzulänglichkeit und Hoffnungslosigkeit, weil man ihnen nicht gerecht werden kann oder will. Dabei sollten sich doch vielmehr die Erwartungen selbst mit negativen Reaktionen konfrontiert sehen, sind sie es doch, die von Vornherein falsch sind und nicht der ihnen gegenübergestellte Mensch, der sein Leben lebt, sein Bestes gibt und für die ihm entgegengebrachten Erwartungen und deren mangelnden Realitätssinn überhaupt nichts kann.
Doch wir sehen uns so häufig solchen Ansprüchen gegenüber, dass wir manchmal schon davon ausgehen, dass sie gestellt werden, obwohl dem gar nicht so ist. Wenn sich dann herausstellt, dass tatsächlich weniger von einem verlangt wird, als ursprünglich angenommen, kann die Erleichterung groß sein.
So auch an einem Sommernachmittag in Omas Garten letztes Jahr. Wir plauderten über die vergangenen Monate, die Familie und schließlich – die Zukunftsplanung. Gerade war das Gespräch noch so leicht und unbeschwert gewesen, da vernahm ich das Herangaloppieren DES Themas und meine Vermutung bestätigte sich in Omas nächster Frage: „Wollt ihr denn auch Kinder haben?“ Ich seufzte, lächelte geduldig und holte einmal tief Luft vor meiner ehrlichen Antwort – dass wir es noch nicht wüssten.
Ich rechnete mit allem, hatten doch meine gleichaltrigen Cousinen ihrerseits bereits Kinder in die Welt gesetzt, nur nicht mit Omas gelassener Reaktion. „Na, wenn, dann schaust halt schon, dass du sie vor 40 bekommst.“ Ich war gerade einmal 30.
Ein Jahr später bin ich nun verheiratet. Das Kinderthema kommt zwischen meinem Mann und mir schon seit wir vor sieben Jahren ein Paar geworden sind regelmäßig zur Sprache. Vor der Hochzeit immer mit demselben Resultat – dass wir uns beide noch unsicher sind, ob wir einmal ein Kind, oder gar mehrere, bekommen möchten. Wir wollen noch so viele Länder bereisen, ich sportle gerne und viel etc. Letztes Jahr war dann unsere Hochzeit, gefolgt von den Flitterwochen, einer beruflichen Auszeit mit Weltreise und anschließendem Lockin dank Corona.
Ende Mai verbrachten wir endlich den heißersehnten, ersten Urlaub „danach“ – in der Südsteiermark. Wie so oft nützten wir das Wandern für tiefgründige Gespräche und so kamen wir auch wieder auf das Thema der Familienplanung. Mein Mann, der gerade auf Jobsuche war und im Herbst eine neue Ausbildung starten wollte, philosophierte frei vor sich hin, dass er jetzt beruflich einmal die Eckpfeiler setzen wollte und das Kinderthema wenn, dann im Anschluss angehen würde, während ich unwillkürlich mit angehaltenem Atem im Kopf eine Überschlagsrechnung anstellte. Wie viel würde ich bekommen? Zwei, drei Jahre? So wenig Zeit… „Also so fünf, sechs Jahre, hätte ich gesagt“, sprach mein Mann weiter und hörte gar nicht das laute Poltern, mit dem mir mein Stein vom Herzen fiel. Wie schön, wenn Erwartungen auch einmal so unerwartet befreiend sind!
© Sabrina Farkas 2020-09-25