von S. Pomej
In meiner Autorenlaufbahn war mir bisher nur eine Lesung in der BĂŒcherei vergönnt. Um dem Schicksal nachzuhelfen, kontaktierte ich 2017 eine Bekannte, deren Gatte eine Firma besitzt, die auf ihr x-tes JubilĂ€um zusteuerte. Also schleimte ich ihr (in der Hoffnung auf potenzielle BuchkĂ€ufer) die Ohren voll, mich bei der Firmenfeier doch ein wenig aus einem meiner BĂŒcher vorlesen zu lassen: âIch kann die Leute mit einem Lesegenuss plus dazu passender Mimik verzaubern und eure Feier upgraden!â
âNa schönâ, willigte sie ein und versprach ihren Mann zu ĂŒberreden. Und alsbald erschien ich in groĂer Vorfreude in âGalauniformâ im gut besuchten Speisesaal der Firma (fĂŒr die ich keine Werbung mache) mit meinen BĂŒchern âSoziopathen sterben seltenâ sowie âMörder machen Fehlerâ und wollte dem Chef die Wahl ĂŒberlassen, aus welchem Werk ich nun ein bis zwei Kapitel vortragen soll. Mit erwartungsfroher Miene harrte ich seiner Reaktion. Diese fiel leider etwas unerwartet aus.
âDas muss ein MissverstĂ€ndnis seinâ, sagte er und mir rutschte schon das wild klopfende Herz in die Hose. âMeine Frau erzĂ€hlte mir, Sie lesen gut und da dachte ich, Sie lesen aus meinem wunderbaren Buch âEndlich Erfolgâ vor.â Ohne auf meine Zusage zu warten, drĂŒckte er mir sein Pamphlet in die Hand und wies mich an meinen Platz in der NĂ€he des Buffets, kĂŒndigte dann groĂspurig den anwesenden GĂ€sten an: âAlle aufpassen! Ich habe eine Lesung aus meinem Bestseller organisiert. Ist fĂŒr 19,99 bei mir zu haben! Und bitte!â Damit zeigte er auf mich und setzte sich in die erste Reihe. Stille setzte ein und ich begann anfangs holprig, spĂ€ter flĂŒssiger aus seinem Machwerk vorzulesen. Es enthielt die ĂŒblichen Klischees, von wegen ‚wer Erfolg will, muss nur fleiĂig daran glauben und schon fliegt ihm alles zu! So ein Humbug fĂŒr den ich mich da hergab! Ich brauchte wirklich all meine Energie, dem blödsinnigen Blabla eine Art von GlaubwĂŒrdigkeit zu verleihen. Der Applaus am Ende meiner Lesung erfreute mich zwar, war aber nur ein schnöder Ersatz fĂŒr die entgangene Bewerbung meiner BĂŒcher. Unnötig zu erwĂ€hnen, dass der WĂ€lzer des Chefs wegging wie die warmen Semmeln. Tja, ich redete mir ein, dass sein Verkaufserfolg nur auf meinen lebendigen Vortrag basierte und fĂŒhlte doch so etwas wie ein Erfolgserlebnis. Nachher kam ein Herr auf mich zu und fragte höflich, ob er mich auch fĂŒr den Geburtstag seiner Nichte buchen und aus deren Lieblingskinderbuch vorlesen lassen kann.
âAlso ehrlich gesagt hab ich das hier nur gemacht, um meiner Freundin, der Gattin des Firmenbesitzers, einen Gefallen zu tun. Denn als erfolgreiche Autorin muss ich natĂŒrlich mehr schreiben als vorlesen!â
Na, das sah er dann auch ein und ich bekam keine weiteren Angebote diesbezĂŒglich mehrâŠ
© S. Pomej 2021-01-20