Unerwarteter Besuch (7)

Sirion war zurück in Forschstadt, und er war schlecht gelaunt. Er hatte den Obersten Forscher Tengma nicht davon abbringen können, den Kristall einzupacken und mit in die Hauptstadt Techtral zu nehmen, und so hatte er zusehen müssen, wie dieser wundersame Gegenstand einfach verschwunden war.

„Soll ich Euch einen Tee machen, Herr Siriaala?“, fragte ihn Tem. „Dadurch geht mir dieser Kristall auch nicht aus dem Kopf, was soll das bringen?“, erwiderte Sirion barsch. „Ihr solltet Euch durch den Verlust nicht so sehr herunterziehen lassen“, versuchte Tem ihm Mut zu machen. „Nur sehr wenige haben überhaupt die Möglichkeit gehabt, diesem Spektakel beizuwohnen. Und schließlich ist es, wie Ihr gesagt habt: Der Kristall geht Euch nicht aus dem Kopf. Ihr habt ihn beobachtet und könnt trotzdem versuchen, sein Verhalten zu erklären. Wie ich Euch kenne, benötigt ihr den Kristall dafür überhaupt nicht.“

Also begann Sirion mit der Arbeit, und es schien, als hätte Tem recht gehabt. Bald schon waren seine Tafeln voll mit Berechnungen, auf seinem Schreibtisch lagen überall Skizzen, und ein Buch nach dem anderen wanderte durch die Hände des Wissenschaftlers. Mehrere Tage und Nächte stand er in seinem Studierzimmer, schlief und aß kaum und trank auch nur, wenn er von Tem dazu genötigt wurde. Und am Ende war ihm eines klar: Keine der ihm bekannten Formeln konnte das Verhalten des Kristalls beschreiben. Setzte er eine Variable ein, stimmte das Ergebnis nicht, zog er eine Hilfsvariable hinzu, konnte die erste Variable wiederum nicht bestimmt werden.

Also begann er von vorn, diesmal nur in Gedanken: Der Kristall hatte die Dinge in seiner Umgebung – das Wasser, die Äste der Bäume und die Menschen angezogen, was auf eine hohe Gravitationskraft und damit auf eine hohe Masse schließen ließ. Andererseits hatte er bereits durch kleine Stöße seine Bewegung geändert, was auf eine geringe Masse schließen ließ. Und zuletzt hatte den Kristall nichts wirklich berührt. Wäre es also möglich, dass der Kristall in größerer Entfernung gravitativ wirkte, in seiner unmittelbaren Nähe jedoch ein Antigravitationsfeld lag? Und er kam von hinter dem Ewigen Sturm! Schon lange suchte Sirion, ein Vertreter der Antigraviker, die davon ausgingen, dass ein Erreichen des Randes der Scheibe wegen eines äußeren Antigravitationsfeldes bisher nicht möglich war, nach einem Beweis für ebendiese Theorie, und der Kristall könnte sie bestätigen! Das Problem war nur, dass jener Gegenstand bei Tengma war, einem überzeugten Gegner der Antigraviker. Sirion war bewusst, dass der Oberste Forscher im Verhalten des Körpers nur den Beweis seiner eigenen Theorie lesen würde, nach der die gesamte Scheibe von einem elektromagnetischen Feld umgeben wurde, welches die Durchquerung des Ewigen Sturmes verhinderte.

Da klopfte es an der Tür. Aus seinen Gedanken gerissen blickte Sirion aus dem Fenster; es war bereits finstere Nacht. Tem hatte sich diesen und den nächsten Tag freigenommen, also musste er selbst aufstehen und zum Eingang gehen, auch wenn er nicht wusste, wer ihn zu dieser späten Zeit noch stören sollte.