Unerwiderte Liebe

Marcela

von Marcela

Story

Lucy war schon seit der Unterstufe eine meiner engsten Freundinnen. Mit ihr hatte alles eine gewisse Leichtigkeit, die ich mit sonst niemandem verspĂĽrte – wir stritten nicht, wir hatten immer SpaĂź, egal, was wir taten. Mit ihr waren sogar die Kleinigkeiten im Leben (wie sich die Haare zu färben oder Spenden sammeln gehen) viel lustiger. Wir waren einfach auf einer Wellenlänge.

Als wir 17 waren, merkte ich allerdings, dass sich unsere Beziehung zu verändern begann, zumindest von meiner Seite aus. Plötzlich verspürte ich eine intensive Aufregung, wenn sie in meiner Nähe war und wenn sie freundschaftlich meine Hand während des Gehens nahm, dann hatte das für mich plötzlich eine ganz andere Bedeutung. Lange wollte ich es mir nicht eingestehen, aber ich hatte mich über Wochen Hals über Kopf in sie verliebt.

Zuerst war ich sehr hoffnungsvoll. Lucy hatte ja schließlich noch nie von einem Mann geredet, der sie interessierte. Konnte es also sein, dass sie so empfand wie ich? Es gab einige Gelegenheiten, die darauf hindeuteten. Eines Nachts beim Fortgehen saßen wir zum Beispiel zu zweit auf einer Couch. Sie legte den Kopf auf meine Schulter und nahm meine Hand in ihre. So saßen wir die restliche Nacht, alle anderen Personen plötzlich unwichtig.

Als ich damals aufblickte, sah ich, wie meine beste Freundin Lisa mich mit hochgezogenen Augenbrauen anschaute. „Soso, du stehst also auf Lucy?“, fragte sie mich am nächsten Tag, als wir alleine waren. Ich bejahte, und damit hatte sich mein coming-out ihr gegenĂĽber auch gleich erledigt. „Pass nur auf“, meinte sie warnend, „Lucy ist hetero.“ Das werden wir ja sehen, dachte ich damals noch hoffnungsvoll.

Zwei Tage später outete ich mich Lucy gegenĂĽber als bisexuell. Sie reagierte toll. Also ging ich in meiner Verzweiflung noch einen Schritt weiter. „Lisa glaubt, ich steh auf dich.“, sagte ich und hoffte auf eine aussagekräftige Reaktion. Lucy zeigte sich jedoch nur genervt von Lisas Ideen. „War ja klar. Mach dich nicht fertig, sowas vermutet sie bei allen und jedem. Wir wissen ja, wie wir zueinander stehen.“ „Genau.“, sagte ich und versuchte, möglichst unbeschwert zu klingen, obwohl das genau der Zeitpunkt war, an dem mein Herz brach.

Ich verspürte eine tiefe Hilflosigkeit. Wenn Lucy hetero war, dann konnte ich nichtmal um sie kämpfen. Wie sollte ich um etwas kämpfen, dass niemals da sein würde?

2 Monate später hatte Lucy ihren ersten Freund und war total glücklich. Objektiv gesehen passten die beiden echt gut zueinander. Ich litt wie noch nie zuvor in meinem Leben. Obwohl ich wusste, dass meine Gefühle niemals erwidert werden würden, wurden sie immer stärker statt schwächer. Es sollte ein volles Jahr dauern, bis ich über sie hinweg war. Ein verdammt schwieriges Jahr für mich.

Unsere Freundschaft hat es aber ĂĽberlebt, wir sind auch heute noch in engem Kontakt. Sie weiĂź bis heute nichts von meinen GefĂĽhlen damals, das ist leichter so fĂĽr mich.

© Marcela 2020-03-13

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