Ungewöhnliche Flitterwochen

rebella-maria-biebel

von rebella-maria-biebel

Story

Als ob Rom ungewöhnlich wär. Nein, Rom ist sogar ein sehr beliebtes Ziel fĂĽr Hochzeiter, aber unser Quartier …

Das war nämlich ein Kloster, und in solchen Gemäuern seine Flitterwochen zu erleben ist eher nicht alltäglich. Eine Kollegin hatte mich darauf gebracht. Na gut, sie hatte dort Exerzitien besucht, da war sie also am richtigen Ort gewesen. Aber so hatte sie dort erfahren, dass auch weltliche Gäste willkommen waren. Und da dieses Kloster sehr zentral lag, ein ansprechendes Ambiente hatte und preislich wirklich günstig war, buchten wir eine Flitter-Woche und kamen voller Neugier dort an.

Ein wunderschön renovierter Altbau, in der Portiersloge eine Klosterschwester. Eine andere brachte uns zu unserem Zimmer, über flauschig weiche Teppiche. Das Zimmer wirkte nach dem Pomp in den Gängen fast kahl. Modern, zweckmässig halt. Und dann das Bad. Niemals habe ich so ein riesiges Badezimmer gesehen. Marmor vom Boden bis zur Decke, mittendrin eine doppelte Marmorbadewanne mit verspielten Armaturen und raffinierten Spiegeln. Das war eindeutig die Flitterwochensuite.

Am Weg zum Speisesaal begegneten wir immer wieder höheren kirchlichen Würdenträgern, und jede Menge Nonnen, die als Serviererinnen und Zimmermädchen fungierten. Überall so eine leise Freundlichkeit, ein verschmitztes Lächeln:

„Die Hochzeiter…“

Die Tage verbrachten wir natĂĽrlich in der ewigen Stadt. Da lernten wir die italienische Esskultur kennen: in einem kleinen Ristorante, Nähe Forum Romanum, bestellten wir uns 1x Pasta und 1x Ravioli. Wir waren satt und wollten zahlen, das war fĂĽr den Kellner fast eine Katastrophe, ob etwas nicht in Ordnung gewesen wäre? Na gut, wir nahmen dann doch noch zwei Kaffee, die Hauptgänge liessen wir aus, was fĂĽr ein Frevel…

Am Forum Romanum hatten wir den ersten Ehekrach. Mein Mann war vertieft in den FĂĽhrer, las mir vor, was es hier fĂĽr Schätze gab…, und ich hatte nur Augen fĂĽr die vielen streunenden Katzen, weil ja in Wien meine erste eigene Katze grad ohne mich auskommen musste.

„Immer nur die Katzen! Weisst du, wo du gerade stehst? Genau da, wo die Katzen um deine FĂĽsse schmieren… ist Cäsar verbrannt worden!“

Mir waren die lebenden Katzen halt wichtiger als der tote Cäsar.

Und dann hatten wir noch einen besonderen Termin. Im Vatikan. Alle Hochzeiter wurden zu einer Audienz bei Papst Paul VI. eingeladen, das war eher eine bürokratische Angelegenheit. Und wie ich ihn da in seiner Sänfte durch den Petersdom getragen sah, regte sich in mir sowieso Widerstand.

Unser Hotel war zwar christlich, aber sehr lieb und menschlich. Aus RĂĽcksicht auf die Portiersschwester kamen wir immer vor 10 heim, sie musste ja frĂĽh aufstehen, dachten wir. Dann sprach sie uns einmal darauf an, ob wir kein Interesse am Nachtleben hätten? Und als sie uns sagte, dass sie nächtens Schichtwechsel hätten, da gönnten wir uns dann doch eine Abschiedsnacht auf der Via Veneto…

Wir haben die Klosterzeit genossen, vor allem das Flitterwöchnerbad..

© rebella-maria-biebel 2019-10-10

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