Unmögliche Texte & Omas Tod.

Franz Brunner

von Franz Brunner

Story

Goldhamster, Insulinspritze, Babywindel, Atomkraftwerk. Nein, völlig verkehrt. Babywindel, Atomkraftwerk, Goldhamster, Insulinspritze. Sch 
 ade, auch nicht. An der Reihenfolge liegt’s also nicht. Man kann’s drehen und wenden wie man will, da wird kein ordentlicher Krimi draus. Schon gar nicht, wenn die Lesezeit auf 10 Minuten beschrĂ€nkt ist. Obwohl meine Fantasie oft grenzenlos ist, schaffe ich mit dieser Vorgabe bestenfalls eine skurrile Horrorgeschichte. Genauso ist’s mit der Kombination aus „Nachhaltigkeit – Mode – Wasser – Mord“, wem fĂ€llt denn sowas VerrĂŒcktes ein?

Anita aus der Schreibrunde war’s (Name natĂŒrlich geĂ€ndert). Diese Runde besteht aus drei resoluten, begabten Damen und mir. Danke fĂŒr Ihr MitgefĂŒhl, aber ich bin zufrieden und belastbar. Wir haben uns vor 3 Jahren gefunden und das „textQuartett“ gegrĂŒndet. Zumindest einmal im Monat treffen wir uns in einem Cafe, um dort zu lesen, zu philosophieren und zu lachen. Am Ende jedes Treffens vereinbaren wir eine „HausĂŒbung“, die es bis zur nĂ€chsten Runde zu bearbeiten gilt. Anita, unsere Krimi-Expertin, wurde angesprochen, ob wir fĂŒr eine Lesung im Kaufhaus ihres Wohnorts zu haben wĂ€ren. Der Ort ist klein und ĂŒberschaubar, die Kulturbegeisterung allerdings enorm. Die Schlagworte waren eine Blitzgeburt, die mir jetzt zu schaffen macht. Zum AufwĂ€rmen versuche ich zunĂ€chst eine selbst erdachte Aufgabe und schwöre beim Barte meiner Liebsten, dass ich noch nie einen Text von Stephen King gelesen habe. Na dann, auf geht’s!

Letzte Weihnachten hatte die kleine Sonja einen Goldhamster geschenkt bekommen. Von ihrer Lieblingsoma vĂ€terlicherseits. Sie taufte ihn Hubsi, fĂŒtterte ihn gewissenhaft und liebevoll. Omas Rente reichte allerdings nicht zu bio-zertifiziertem Futter aus der Region, weshalb Hubsi mit billigen Keksen aus dem nahen Tschechien ernĂ€hrt wurde. Aus der Gegend um Temelin.

Es kam, wie es kommen musste: Hubsi mutierte ob des verstrahlten Futters rasch zu einem Goldhamster ohne Behaarung, dafĂŒr brachte er es zur GrĂ¶ĂŸe eines Monster-Mopses. Als Oma sah, was sie verbockt hatte, jagte sie dem armen Hubsi eine ordentliche Dosis Insulin aus eigenen BestĂ€nden unters fehlende Fell. Und damit hatte es sich ausgemopst.

Sonja weinte bitterlich, liebte sie doch ihren Hubsi, mit oder ohne Fell und unabhĂ€ngig von der Figur. Der kindliche Hass auf Oma wuchs derart, dass die Kleine nun ihrerseits zur Tat schritt und die alte Dame wenige Tage nach Hubsis Dahinscheiden erdrosselte. Mit einer Windel aus Babytagen und ohne jegliche Reue, als diese wĂ€hrend der SpĂ€tnachrichten einschlief. Klammheimlich stopfte sie danach ihren Kitty-Rucksack mit Spielsachen voll, schlich zu mitternĂ€chtlicher Stunde aus dem Haus und flĂŒchtete auf Nimmerwiedersehen in die Fremde, um dort erfolgreich Goldhamster zu zĂŒchten.

So, geschafft. Ich bin nun vorbereitet, um die zweite Aufgabe anzugehen. Nachhaltigkeit – Mode – Wasser – Mord. Da droht schlimmes Ungemach.

© Franz Brunner 2022-07-10

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