Sie müssen abstrahieren. Ja, also z. B. Gurken, Tomaten, Zucchini, Blumenkohl sind Gemüsesorten; Äpfel, Birnen, Kirschen – Obst. Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Eine Mitschülerin hieß mit Familiennamen Obst. Ich mach‘ mich doch nicht zum Obst! Ein Fernsehmoderator heißt Kai Pflaume.
Auf einer Straße namens Salatberg und natürlich auch an vielen anderen Stellen gibt es auf dem Fußweg Fallobst. Da hat man zu tun, nicht auf die Stürze zu schnauzen.
Es gibt einen Ort namens Apfelstädt in Thüringen. In Crimmitschau existiert eine Kirschbergsiedlung. Es gibt auch einen Witz, dass rasierte Stachelbeeren als Weintrauben verkauft wurden.
Frisches Obst und Gemüse war in der DDR rar. Gut, wenn man einen Kleingarten hatte. Wir hatten Erdbeeren im Garten und außerdem ein Gurkenzelt. Gurken nannte man auch bestimmte Schuhe. Auch Gurkentruppe ist bekannt. Gläser mit sauren Gurken gab es kaum, höchstens welche aus Rumänien, die extrem sauer waren. Mein Partner sagte immer „Museum für Obst und Gemüse“ zu den entsprechenden Verkaufsstellen in unserem Land. Viele Sorten hatten wir definitiv nicht. Rot- und Weißkohl, Schrumpfäpfel (durch die lange Lagerung über den Winter), Sauerkraut- und Tomatensaft waren noch am ehesten zu bekommen. Tomatenmark/Ketchup gab es auch kaum, ebenso selten war Letscho (aus Tomate und Paprika) zu bekommen. Rhabarbersaft gab es jeden Sommer in den Gaststätten mangels Selters und Limonade. Der Vater einer Mitschülerin hieß Helmut Kohl und betrieb in meiner Geburtsstadt eine kleine Gaststätte. Sein Namensvetter wurde ab dem Herbst 1990 auch unser Bundeskanzler. Karikaturisten malten ihn als Birne, Leute, die böse auf ihn waren, bewarfen ihn auf einer Kundgebung mit Tomaten und Eiern. Er versprach uns blühende Landschaften.
Von Kleingärtnern erzeugte Produkte wurden zu DDR-Zeiten zur besseren Versorgung der Bevölkerung in den Läden aufgekauft, ebenso Eier von den im Garten (am Grundstück) gehaltenen Hühnern und Kaninchenfleisch von den von Privatleuten großgezogenen Tieren. Ein Produkt ist das Ergebnis der Multiplikation.
Exotische Früchte kannten wir kaum. Nur zu besonderen Anlässen waren diese zu bekommen – Bananen und Apfelsinen. Kuba-Orangen gab es – man konnte sie, da sie sehr schlecht zu schälen waren, nur zu Saft ausgepresst verwenden. Manchmal verkaufte man sie mit richtigen Orangen. Man nannte das Kompensationsgeschäft. Ja, der Bürger wird schon seit Ewigkeiten ausgequetscht wie eine Zitrone, um an die letzten Steuergroschen zu kommen. Zitronen waren bei uns auch manchmal vorrätig. Orangenhaut ist nicht so toll.
© Annemarie Baumgarten 2023-11-14