Unser Kind!

Unser Kind!

Ja dem süßesten Wesen auf Erden wird bei uns ein Nestlein fein,

Um unser Glück zu werden, soll es unser Eigen sein.

Ja, der schönste Knabe ist unser Michael! Schau das Auge an das reine!

Frieden strahlt in seinem Scheine, Gottesfrieden sanft und hell.

Ja, das schönste hat unser Kind! Himmelreiz und Gottesschöne

Und der Unschuld reine Töne. Ja ein Englein ist unser Kind!

Ach wie lieblich ist unser Kind! Wie die heitere Frühlingssonne

Gibt es uns rechte Maienwonne, die wir seine Eltern sind.

Ach wie herzig ist unser Kind! Wie ein Blick aus Himmelsräumen,

Wie ein süßes Liebesträumen! Nirgends man dergleichen find!

– Gedicht, geschrieben von meiner Mutter Maria im September 1948 in Krefeld, kurz nach meiner Geburt, für meinen Vater Arno und für mich.

Lieber Arno, …, im Übrigen freue ich mich unbändig auf unseren kleinen Michael und auf das Wiedersehen mit Dir. Es gibt scheint’s doch kein Kind, das mit Michael konkurrieren kann. Hoffentlich bleibt er es… Ich hab‘ Euch lieb, nochmals lieben Gruß, Deine Maria.

– Auszug aus einem Brief meiner Mutter an meinen Vater vom 25. Juli 1949. Sie war weit weg von uns in einem Krankenhaus, um eine schwere Krankheit zu kurieren, wir sahen uns wieder. Sie wusste nicht, dass sie drei Monate später sterben würde, am 3. November 1949.

– Mein Brief an meine Mutter, Bonn im November 2022:

Meine liebste Mutter,

Ich bin dankbar für Deine Worte. Ich habe nur dieses eine Gedicht und diese handgeschriebenen Zeilen von Dir und einige wenige Fotos. Nach Zeugnis von Vater und aller, die Dich kannten, warst Du eine liebe, warmherzige, intelligente und schöne Frau, für mich ein Jahr lang die beste aller Mütter. Ich habe ganz sicher etwas versäumt, da ich Dich persönlich nicht bewusst erlebt habe. Aber mit Herz und Seele, ich bin stolz darauf, Dein Kind zu sein. Ich hab‘ Dich lieb, Mutter! Dein Sohn Michael.

Foto: Auszug aus dem Gedicht meiner Mutter vom September 1948.