von Sonja M. Winkler
Zugegeben, meine Frühstücksgewohnheiten sind ein äußerst profanes Thema, kaum der Rede wert, wenn ich nicht eine neue Brotsorte entdeckt hätte.
Ich habe immer Brot vorrätig, aber nie viel. Sollte der Brotkasten leer sein, schau ich ins Gefrierfach und tau über Nacht genau die Ration auf, die ich am nächsten Morgen benötige. Wenn das Gefrierfach leer ist, was manchmal vorkommt, weiche ich auf Müsli aus.
Der Frühstückskaffee verlangt nach zwei Scheiben Brot. Auf die erste kommt ein pikanter Aufstrich, Hummus oder Ricotta, manchmal auch Schinken, das zweite Stück Brot muss den Gaumen mit Süße erfreuen.
Ich habe Freundinnen, die mich mit selbstgemachter Marmelade versorgen. So komme ich durchs Jahr, ohne je eine kaufen zu müssen. Ich gehe sparsam mit den geschenkten Köstlichkeiten um. Ich bestreiche die Brotscheibe recht dünn und denke bei jedem Bissen an den Menschen, dem ich die Marmelade verdanke. Die Asperl-Konfitüre geht bald zur Neige. Das Glas ist liebevoll beschildert. „Made with love, 2021” steht da, in der unverkennbaren Handschrift von E. Doch eine süße Kreation aus Apfel, Minze und Zucchini steht schon bereit.
Wenn meine Oma Brot einkaufte, marschierten wir die Traundorferstraße entlang bis zur Mehr-Mühle am Aumühlbach. Gleich neben der Mühle war die Bäckerei Doppler. Dort kaufte meine Oma immer „an Loa Brot“. Der Laib war riesig, hatte eine feste Kruste und verströmte einen betörenden Geruch. Zuhause wickelte sie den Laib in ein Tuch aus grobem Leinen, und bevor sie das Brot anschnitt, machte sie drei Kreuze auf die Unterseite und murmelte: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dann schnitt sie das Scherzel hinunter, strich Butter drauf, streute eine Prise Salz drüber und sagte: Salz und Brot macht Wangen rot.
Nun ist es so, dass ich Brot ja nur deshalb einfriere, weil es sich auf diese Art länger frisch hält und nicht so schnell austrocknet. In der letzten Zeit habe ich alle von den Verkäuferinnen empfohlenen Sorten durchprobiert, weil ich auf der Suche nach Brot bin, das länger saftig schmeckt, ohne dass es ins Gefrierfach verbannt werden muss, und dessen Kruste meine Zähne angstfrei bewältigen.
Da steh ich unlängst wieder in einer Bäckerei vor vollen Regalen, als mein Blick auf einen Striezel fällt, der recht abenteuerlich aussah. Das Brot war heller als das, das ich üblicherweise kaufe. Ich fragte, was das für ein Brot sei und warum auf der Seite ein Teil wie ein Flügerl wegsteht. Das gehört so, sagte die Verkäuferin, das ist unser Dinkel-Erdäpfelbrot.
Ich dachte sofort, dass es mit dem Ukraine-Krieg und seinen Auswirkungen auf die Ausfuhr von Getreide zu tun haben könnte, dass man bereits dazu übergegangen ist, auf Erdäpfelbrot auszuweichen, denn Erdäpfel gibt es bei uns in Hülle und Fülle.
Gut, sagte ich, ich nehme einen halben Striezel. Heute, am dritten Tag, ist das Brot noch immer saftig. Vor allem hab ich noch alle meine Beißerchen im Mund.
© Sonja M. Winkler 2022-10-10