von Chiara Thiebes
Um die einzelnen Begabungen der Kinder und Jugendlichen zu ergründen, ist unser Bildungssystem zu einseitig. Die Gesamtschule (Klasse 5 bis 10) bereitet auf das Abitur vor und das Abitur bereitet auf das Studium vor. Das Studium vertieft und erweitert das Wissen für die Forschung, was sehr wichtig für unsere gesellschaftliche Weiterentwicklung ist, aber nicht jedermanns Sache. Es kann nicht jeder wie ich ruhig am Tisch sitzen und die Rechenaufgaben aus dem Schulbuch lösen oder sich das Buch über Iphigenie auf Tauris von Johann Wolfgang von Goethe „reinziehen“ und dann auch noch interpretieren, was der Lehrer hören will. Zudem gibt es dabei zu starke „pädagogische Freiheiten“, die es Lehrern erlaubt, das Denken einzelner Schüler durch eigene Meinung zu übertönen. „Nein, der blaue Himmel steht für Hoffnung.“ Es wird den Schülern dadurch wenig Spielraum für neue Perspektiven geboten, was der Kern einer Begabung evtl. herauskristallisieren könnte. Dabei sollte es bei dem Thema Interpretation doch eigentlich mehr darum gehen, zu lernen, wie man seine eigene Interpretation verständlich macht durch Begründungen und Erläuterungen. Es sollte nicht um die Perspektive des Lehrers gehen, sondern um die des Schülers, aber genauso ist der Bewertungsmaßstab der Schulen definierbar. Es gibt ein Lernziel, den alle erreichen müssen, was letztendlich nur zum Auswendiglernen mit beschränktem Verständnis führt. Wie viele das kennen, erinnert sich kaum einer mehr an die Hälfte des Schulstoffs, was er damals gelernt hat, Hauptsache bestehen.
Es gibt aber auch viele Unterrichtsinhalte, die wichtig für die Aufklärung der Schüler sind, z. B. Sexualkunde, die Entstehung der Erde, Grundrechenregeln (wie Punkt vor Strich, Klammer geht vor), unsere Evolution, unsere Geschichte, unser politisches System … Es geht aber schon mehr in die wissenschaftliche Ebene als um die Vorbereitung für die berufliche Zukunft. Die Lehrpläne werden von den Kultusministerien in den einzelnen Bundesländern vorgegeben. In den Klausuren hat jeder in der Schule am Ende die gleiche Lösung abzugeben und es ist alles sehr theoretisch. Zwischen den Schuljahren gibt es einmal im Jahr in der neunten und achten Klasse vielleicht mal ein Schülerpraktikum für ein bis drei Wochen oder ein Tag in einer Berufsmesse, wofür sich die Schüler nicht interessieren, weil sie selbst nicht einmal wissen, was sie beruflich machen wollen.
Sogar die Forsa-Umfrage hat ergeben, dass 72 Prozent der Befragten das Schulsystem in Deutschland „veraltet und überholt“ finden. „67 Prozent würden mehr Praxis- und Berufsorientierung der Unterrichtsinhalte verlangen und ebenso viele eine bundesweite Vereinheitlichung des Schulsystems“, berichtete Welt.de. Der Lehrplan sollte also unbedingt mal überarbeitet werden.
Daher ist es an der Zeit, den Lehrplan nochmal unbedingt zu überdenken.
© Chiara Thiebes 2023-08-21