Unsterbliche Liebe (Teil 2)

Sebastian Wolf

von Sebastian Wolf

Story
Mittelalterliches Fantasysetting

Ratlosigkeit machte sich in ihm breit, denn eine rechte Erwiderung fiel ihm nicht ein.

Abgesehen davon, führte die Stimme weiter aus, ist dieser Ausdruck von wegen unsterblich verliebt doch totaler Quatsch, oder? Ich meine: Selbst die Baumkuschler sterben irgendwann.

„Ähm… na, also unsterblich steht einfach für ewige, bedingungslose Liebe“, versuchte der Held zumindest diesmal mit seinem Intellekt zu glänzen.

Ewig?

So viel dazu. Die tiefgreifenden Einsichten des Schwertes überforderten ihn zunehmend.

„Aber Untote sind unsterblich“, fiel ihm in seiner Not noch ein. „Wenn Untote sowas wie Liebe zueinander empfinden, ist sie ja gewissermaßen… unsterblich… also, ähm, na gut, eigentlich sind sie ja schon gestorben…, aber ihre Liebe nicht. Äh…, also wenn sie schon vor dem Sterben unsterblich verliebt waren, dann… sind sie… als, äh… Gestorbene, also als Untote, ähm… immer noch verliebt. Also für immer… und ewig“, schloss er und sah sich hilfesuchend auf dem Hügel um.

Du merkst es selber, ja?, fragte die Stimme etwas bemitleidend. Du meinst also, irgendwo gibt es vielleicht eine Art Nekromanten-Liebespärchen, auf die sich der Ausdruck ursprünglich bezieht?

Irgendwie wurde es einfach nicht besser. „Ähm… ja“, entgegnete der Held mit fester Stimme. „Vielleicht.“

Na, wenn du meinst, schien sich das Schwert zufriedenzugeben. Nach einer Weile riss der Held sich einen neuen Grashalm ab, warf ihn dann aber lieber weg.

Warum ist euer Leben eigentlich irgendwann zu Ende? Also normalerweise?, fragte das Schwert unvermittelt.

Der Held dachte kurz nach. „Unsterblichkeit ist halt nicht vorgesehen, sonst wäre die Welt ja irgendwann voller Leute.“

Das wäre nur eine Folge. Du weichst meiner Frage aus, bohrte ihm das Schwert den metaphorischen Finger in die Brust.

„Es fängt halt irgendwie als kleines Kind an und ist dann im hoffentlich hohen Alter zu Ende, irgendwie“, seufzte der Held und warf ratlos die Hände in die Luft. „Man wird älter und… ich denke, irgendwann kann unser Körper eben nicht mehr…, vielleicht ist er wie ein alterndes Gebäude, das nach langem Widerstand gegen Wind und Wetter endlich einstürzt… oder wie eine rostende Waffe, die irgendwann zerbricht.“

Hm, ich weiß nicht mal, ob ich überhaupt sterben kann… oder wie meine Existenz eigentlich begonnen hat, seufzte das Schwert traurig.

Der Held merkte, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte und widmete seine Aufmerksamkeit der hereinbrechenden Nacht, während das Schwert den restlichen Abend eher schweigsam verbrachte.

© Sebastian Wolf 2023-08-04

Genres
Science Fiction & Fantasy, Humor& Satire
Stimmung
Abenteuerlich, Komisch, Reflektierend, Entspannend
Hashtags