Unvereinbar verschieden!

AnnaRosenroth

von AnnaRosenroth

Story

„Heirate mich! Ich liebe dich! Ich kann nicht schlafen ohne dich! Du bist so wunderschön! Ich war noch nie im Leben so verliebt, wie in dich! Du musst mit mir zusammen sein!“

Ihn hat es voll erwischt und es geht ihm nicht gut deshalb. Verzweifelt versucht er zu gewinnen, was nicht zu haben ist.

Ich schwebe irgendwo zwischen den Wolken. Seine Küsse mache mich schwach, seine Haut ist wie Karamell, seine schwarzen Locken fühlen sich kribbelig an, wenn meine Finger sich hindurch wühlen. Sein Englisch ist entzückend einfach, er versteht nur die Hälfte von dem was ich sage, trotzdem hängt er mir an den Lippen. Er ist stark, er hält mich wie ein Felsen und ist doch in seinem Wesen ein Kindskopf, ein einziger Leichtsinn.

„Du bist eine starke Frau! Du musst die Liebe achten! Es ist wahre Liebe und du musst dich entscheiden! Ich will mit dir leben! Wir ziehen zusammen und alles ist gut, mehr brauche ich nicht! Heirate mich!“

Er versteht nicht, dass ich das nicht möchte, er will mich haben, mich besitzen. Mit all seiner Macht kämpft er darum zu bekommen, was er möchte.

Ich bin hin und her gerissen. Was habe ich getan? Welche Hoffnungen habe ich in diesem Mann geschürt, der nicht verstehen kann, was ich möchte. Der nicht akzeptieren kann, dass es nicht mein Wunsch ist SEIN zu werden, obwohl da so viel Liebe ist.

„Du bist eine Bitch! Eine schlechte Frau! Was du machst ist nicht in Ordnung! Du musst nur EINEM Mann gehören! Du sollst nicht andere Männer umarmen, auch keine Freunde! Deine Kleidung muss lang sein, sonst sehen andere Männer deine Haut! Ich bin eifersüchtig, wenn dich jemand anseht! Und geh nicht mehr ins Schwimmbad!“

Er kennt nur die Regeln seiner Kultur. Er beurteilt mich nach den engen Maßstäben, die er für Frauen gelernt hat. Er verurteilt mich, er schürt Gefühle von Scham in mir. Er trifft einen wunden Punkt.

Ich denke nach über Dinge, die mich stolz machten und beginne sie negativ zu bewerten. Ich wehre mich dagegen aber es hat mich infiltriert und der Wunsch ihm zu gefallen, ihm zu beweisen, wie gut ich TROTZ meiner Lebensweise bin, zwingt mich immer weiter in die Knie. Ich fühle die „Bitch“ in mir und hinterfrage plötzlich alles mit biederer Moral.

Er sperrt die Kommunikationskanäle nach einem Streit, wir streiten ständig. Er lässt mich im unklaren, er verlässt mich wieder und wieder nur um dann mit Komplimenten zurück zu kehren. Mein schlechtes Gewissen bringt mich in den Wahnsinn. Was habe ich getan? Was habe ich zugelassen! Wie kann ich diesem Mann verständlich machen, dass sich seine Wünsche nicht erfüllen werden, ohne ihn zu verletzen? Ich will ihm nicht weh tun!

Er ist Flüchtling und auf der Suche nach Sicherheit. Er will mich für sich allein.

Ich bin in offener Ehe und auf der Suche nach ein wenig Vergnügen. Ich will meinen Mann und meine Freiheiten.

Monatelang zieht es sich hin, frisst mich auf, lässt mich nicht aus dem Netz entkommen, das wir miteinander gesponnen haben. Bis ich endlich die Kraft finde und NEIN sagen kann. Ein endgültiges NEIN!

© AnnaRosenroth 2020-05-02

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