Unverhofft kommt oft

Florian Hauenschild

von Florian Hauenschild

Story

Ein lapidarer Satz für eine Geschichte. Nichtsdestotrotz stimmt diese Weisheit einmal zu oft. Es war 2017. Ich habe das erste Mal erkannt, dass das Schreiben eine Tätigkeit ist, die mir wahnsinnig Spaß macht und auch etwas ist, dass ich offensichtlich ganz gut kann.

In diesem Jahr hat sehr überraschend ein österreichischer Autor den deutschen Buchpreis gewonnen. Robert Menasse mit seinem äußerst lesenswerten Werk “Die Hauptstadt”. Bis zu diesem Zeitpunkt war Menasse ein blinder Fleck in meiner Literatursphäre. Aber es ergab sich, dass Menasse kurz nach der Verleihung dieses renommierten Preises in einer Stadt nahe meines Heimatortes eine Lesung hatte. Eigentlich hatte ich nicht vor diese Lesung zu besuchen. Aber es war ein fader Samstagabend und Karten waren noch verfügbar. Also fuhr ich doch hin.

Die Lesung gestaltete sich als unspektakulär, da der Autor an einem Schnupfen laborierte und nur eine Stunde aus seinem Werk las. Man muss ihm zugutehalten, dass es absolut schwachsinnig gewesen wäre, die Lesung noch länger zu halten, da die Story des Buches sonst so weit gespoilert gewesen wäre, dass viele wahrscheinlich dieses Buch nicht mehr gelesen hätten.

Aber es geht hier auch nicht um die Lesung. Robert Menasse stand nach der Lesung, dem interessierten Publikum noch für Autogramme, Signaturen und Fragen bereit und dass trotz offensichtlicher Krankheit. Obwohl ich das Buch in der Zwischenzeit schon erworben hatte, stand ich trotzdem in der Schlange um ein paar Worte mit dem Schriftsteller zu wechseln. Im Wesentlichen beschäftigte mich eine Frage: “Was motiviert Sie zum Schreiben und woher holen Sie Ihre Ideen?”

Und genau diese Frage stellte ich Herrn Robert Menasse. Er blickte mich an und fragte mich, was ich eigentlich schreibe? Ich sagte, dass ich meine Inspiration hauptsächlich aus dem beziehe, was um mich herum passiert. Robert Menasse nickte und sagte, dass er mir nichts sagen könne, aber er könne mir mit Balzac antworten. Unwissend wie ich war, nickte ich nur. Daraufhin fragte er mich, ob ich einen Zettel habe. Ich gab ihm meinen Notizblock. Er nickte anerkennend. Offensichtlich war Prüfung Nummer 1 bestanden. Dann schrieb er flinker Hand eine Seite voll und setzte darunter sein Autogramm. “Das wird Ihnen weiterhelfen“, sagte er und bedankte sich für meinen Besuch.

Ich bedankte mich ebenfalls und ging zum Auto. Erst Zuhause blickte ich in meinen Block und sah das, was Herr Menasse reingeschrieben hatte und was bis heute ein Leitsatz, ja die Motivation für mein Schreiben ist: “Erzähle so, dass unsere Zeitgenossen sich erkennen und zukünftige uns verstehen.“

Und viel mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen. Dieses Prinzip macht große Literatur aus. Von Schnitzler bis Jelinek. Und vielleicht reihen wir uns auch irgendwann in diese Gilde ein.

Einen Versuch ist es jedenfalls wert.

© Florian Hauenschild 2020-11-08

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