Valentinstag

Angelina Schiliró

von Angelina Schiliró

Story

Es ist mal wieder einer dieser Tage. Einer dieser Tage, an denen ich um 4 Uhr aufstehen muss. Mitten in der Nacht. Der einzige Vorteil daran ist, dass noch nicht viel los ist auf den Straßen. Heute muss ich mich besonders beeilen, da die neue Lieferung kommt. Selbstverständlich können die Blumen nicht lange ohne Wasser überleben. Und so rase ich schnell zu dem kleinen Ladenlokal in der Altstadt. Die Efeublätter ragen verschnörkelt über das Schaufenster. Als wären es Girlanden, die extra dafür gemacht worden wäre. Immer wenn ich meinen Laden betrete, freue ich mich wieder aufs neue. Wie habe ich das nur geschafft? Der süße Geruch von Rosen. Der feuchte Geruch von der Erde. Ich liebe es. Fast wie ein Mini Dschungel mitten in der Stadt – ein Stück Paradies. Kurz mache ich mir eine Tasse Kaffee. Doch ich kann sie kaum trinken, da ist die Lieferung schon da. Viele Sträuße müssen gebunden, Gestecke dekoriert und verwelkte Pflanzen ausrangiert werden. 10. 000 Rosen, in allen möglichen Farben – rot, rosa, gelb, orange oder weiß. Die Meisten sind natürlich rosa-rot. Dazu kommen Lilien, Hyazinthen, Pfingstrosen, Veilchen, Vergissmeinnicht und etliche mehr. Ich kann es schon gar nicht mehr sagen, da fangen meine Hände wieder an zu bluten! Doch ich muss weitermachen. Vor Ladeneröffnung müssen noch mindestens 100 Sträuße gebunden werden. Ohnehin wird der Tag nicht viel anders aussehen. Binden, abkassieren, binden, abkassieren. Wie es weiter geht, kann man sich wahrscheinlich denken. Aber wenigstens habe ich dann etwas Luft beim großen Ansturm. Heute kommt es mir fast so vor, als lebte ich in einem Zeitraffer. Kaum habe ich ein paar Sträuße gebunden, geht die Ladentüre schon auf – sie wird fast eingetreten. Ruck zuck, ist das kleine Ladenlokal rammel voll und die Blumen schnell aus verkauft. Wie in einem Fiebertraum. Als wäre ich nicht mehr Herrin meiner Sinne und würde nur noch existieren, um das hier auszuführen. Wieso ausgerechnet dieser eine Tag im Jahr? Für mich ist es lukrativ. Eigentlich sollte ich mich nicht beschweren. Aber wie kommt man denn auf die Idee das ganze Jahr über nichts, rein gar nichts zu machen? Noch nicht mal eine Schachtel Pralinen oder eben ein paar Blümchen, aber dann an Valentinstag da muss man unbedingt Blumen besorgen. Besser größer, als kleiner. Man könnte fast meinen, dass dieser Tag, ironischerweise, wieder als einer Art Schwanzvergleich genutzt wird. Dabei geht die eigentliche Bedeutung im wahrsten Sinne des Wortes flöten. Aber um es nochmal zu verdeutlichen, wer mir das ganze Jahr über nicht zeigen kann, dass ich geliebt werde, kann es auch ein Valentinstag gefällig lassen. Lieb mich das ganze Jahr, 365 Tage lang oder gar nicht. Halbe Sachen brauch doch wohl kein Mensch! Kurz vor Ladenschluss kommen noch einige her gehetzt. Wenn es fast nichts mehr gibt. Last Minute Geschenk. Wer es braucht. Das einzig unromantischere wären wohl Blumen aus der Tanke. Ich beschwere mich ja nicht. Schon gut! Endlich geschafft! Fröhlichen Valentinstag dann!

Der liebste Tag des Konsums.

© Angelina Schiliró 2025-03-06

Genres
Romane & Erzählungen
Stimmung
Funny, Unbeschwert
Hashtags