Vassilikos, das Dorf am Ende der Welt

Christinaki

von Christinaki

Story

Vassilikos liegt, wie gesagt, am Südspitz von Zakynthos, danach kommt Meer und Meer und irgendwann Afrika. Ein weiteres Projekt von Kapitän Mavrantzis war sein Schiff, wunderbares Frühlingswetter, Holz zersägen, einpassen, anmalen, ich durfte mithelfen. Sie hieß Tzina, η βαρκα, das Schifferl.

Danach kam das Highlight, das zu Wasser Lassen des Schiffs, eine Alexis Zorbas Geschichte. Das Dorf versammelte sich, Wetten um Geld wurden abgeschlossen, Schmährufe, Anfeuerungsrufe, ein guter Witz jagte den anderen, Blumen und Geldspenden für das Schiff wurden gebracht, das geniale Dorffest. Ich meinte, unmöglich, das Schiff stand hoch oben auf der waldigen Anhöhe hinterm Strand, hinunter führte ein steiler Weg mit Kurven und Löchern . Ausgeschlossen. Nun kam Mavrantzis` Stunde, er wettete dagegen und startete los. Das Schifferl Tzina war schon am Trailer fixiert, Pickup konnte keiner vorgespannt werden, das Gewicht des Schiffes hätte beides in den Wald geschoben. Mittels dreier extra starker Schiffstaue, die einerseits am Schiff und andererseits an starken Bäumen fixiert wurden, abwechselnd gelockert und verlegt wurden, so hantelte sich Mavrantzis mit dem Schiff Baum für Baum den Abhang hinunter, Stunden, das Volksfest verlief sich.

Mit der schwächer werdenden Abendsonne stand Tzina unten im Meer im Seichten. Wieder kamen Leute zusammen, quasi Lauffeuer Verbreitung, wollten Tzina ins Tiefere schieben, keine Chance, sie bohrte sich nur noch tiefer in den Meeressand. Hunger und die Leute zerstreuten sich. Am nächsten Morgen schwamm Tzina im Meer, verankert und stolz. Mavrantzis verriet nicht, wie er`s gemacht hatte, aber ein paar diskrete Spuren im Lack des Schiffes zeigten, Caterpillar war am Werk gewesen. Nun kam die Sache mit den Wetten wieder hoch, zählte das mit Caterpillarhilfe ? Ich glaube, man einigte sich, Mavrantzis hat gewonnen, aber geringere Summe.

Wir fuhren gerade heim über die Feldwege, der Datsun Pickup nimmt ja jede ! Straße holterdiepolter. Da sah Mavrantzis ihn, den Kilometerstein, Marmor, alt, groß, mindestens 150 kg schwer, eine schöne Steinmetzarbeit. Den nehmen wir mit, wir brauchen sowieso eine Gartentisch. Du wirst dir einen Bruch heben, verboten, meine mitteleuropäische Reaktion. „Kennst du nicht die optimale Methode, schwere Dinge zu heben?“, sprach`s und zog den Ledergürtel aus der Jean, dieser wurde jetzt an richtiger Stelle, Leistenhöhe, sehr eng geschnallt, so gerüstet für Titanenaufgaben, mit viel Schweiß und Spucke knallte der Kilometerstein endlich auf die Ladefläche des Pickup, jetzt aber Gas, damit uns niemand erwischt. Auf dem Heimweg verloren wir den Stein nochmal vor lauter Schlaglöchern, wieder mühsam eingeladen, geschafft. Göttlicherweise liegt er noch immer im hinteren Eck des Stalles, man sollte ihn ja nicht entdecken, er schaffte es bis heute nicht mehr ins Tageslicht.

© Christinaki 2020-05-04