von Peter Rosenegger
Dieser angeblich Goethe zugeschriebene Ausspruch ist in seiner falschen deutschen Übersetzung „Neapel sehen und sterben“ zu einem überraschend bekannten geflügelten Wort bei uns geworden. Dabei meinte er ursprünglich, man solle Neapel besuchen und in der Folge auch Mori, ein in Kampanien gelegenes Städtchen.
Während meiner 10-jährigen Dienstzeit in Rom war ich als ständiger Vertreter Österreichs zur FAO auch gleichzeitig zuständig für die Förderung des Agrarexportes nach Italien, diesem traditionell wichtigsten Abnehmer für Österreichs Zuchtvieh und Holz.
Seit jeher beteiligte sich daher Österreich an der bedeutendsten Landwirtschaftsmesse Italiens in Verona mit einem eigenen Pavillon.
Um auch den süditalienischen Absatzmarkt zu erreichen, schlug ich eine offizielle Beteiligung an der stetig wachsenden Messe in Foggia, Apulien vor. Apulien, Provinz mit florierender Landwirtschaft, mit fleißiger tüchtiger Bevölkerung und damals frei von irgend welchen mafiosen Strukturen, in krassem Gegensatz zu den Nachbarprovinzen Kalabrien, Kampanien und insbesondere Sizilien.
Unsere Beteiligung wurde ein kommerzieller Erfolg. Alle ausgestellten Tiere wurden bis zum letzten Schwanz abverkauft, außerdem lernte ich im Zuge der Messewoche die Crème de la Crème des österr. Viehhandels persönlich kennen. Es wurde eine Wiederholung im nächsten Jahr beschlossen und wollte mich eine Gruppe dann in Rom mit dem Auto abholen.
Mit einem riesigen schweren Mercedes fuhren wir so von Rom nach Neapel, um von dort den Apennin zu überqueren und so zur Messestadt Foggia zu gelangen
Vorsichtshalber wollten wir knapp vor Neapel noch einmal volltanken. Im Zuge dieser Operation wurden wir von einem elegant gekleideten braungebrannten Herren, der vor uns an der Reihe war, mit seinem herrlich glänzenden Ferrari Testarossa, eine atemberaubende Blondine neben sich am Beifahrersitz, in fließendem Deutsch angesprochen: ihm sei in Neapel seine Kreditkarte gestohlen worden, er ermahnte uns zu äußerster Vorsicht vor der Stadt, die voll von kriminellen Elementen sei. Er müsse dringend noch heute weiter nach Rom zurück und sei bereit, seine goldene Rolex um einen Spottpreis von €1000,– zu verschleudern, nur um wegzukommen, während er seine Uhr mit leidender Miene lässig vom Handgelenk löste. Den zwischen den 3 mitfahrenden Viehhändlern kurz aufflammenden Streit um diese Occasion beendete unser Autobesitzer rasch, indem er seine dicke Brieftasche aus seinem Lodenwams zog und den Handel abschloss.
Noch während des Tankens unseres Wagens zogen zwei hübsche schwarz gelockte Knaben einen Leiterwagen mit einem christbaumähnlichen Holzgestell, an dem Dutzende nämliche goldene Rolexuhren zum ausgewiesenen Einzelpreis von €25,–hingen, an unseren Autofenstern vorbei. Der Ferrari war inzwischen mit rauchenden und quietschenden Pneus losgerast.
Für Gelächter und Spott bis zu unserem Reiseziel war gesorgt.
© Peter Rosenegger 2021-05-30