von Johann Huber
Ich muss schon tief in den Erinnerungen graben, wenn ich an diese im Jahr 1993 zurückdenke, aber sofort kommen die Bilder, Geschichten und Erinnerungen wieder zutage. Alles begann mit einem Bericht über einen Amerikaner, der Mountainbiking in den Anden anbot.
Wir waren eine Gruppe von 10 Personen die sich mit Rädern und Gepäck auf den Weg nach Merida in den Anden Venezuelas machte. Bekannt ist Merida wegen der “Teleferico”, der längsten Seilbahn der Welt die in Etappen bis auf 4.765m Höhe führte, bis 2008 die höchste Station der Welt. Aber wir wollten ja nicht Seilbahnfahren, sondern mit dem Mountainbike die Anden erkunden, und dafür waren wir im Paradies. Überall rund um Merida führten Schotterstraßen im Zickzack durch die dichtbewachsenen Wälder auf Hochebenen zu kleinen Dörfern, ideal für uns Biker. Im Schlepptau hatten wir immer einen Jeep der bei technischen Problemen helfen konnte und unsere Ausrüstung, Getränke und Lunch mitführte. Jerry, der dieses Unternehmen führte, erfüllte alle unsere Wünsche und hat uns ein tolles Programm zusammengestellt. Nachdem wir einige Tage geradelt waren, war es Zeit für eine Abwechslung, wir fuhren mit Jeeps hoch zu einem Bergdorf, wo wir statt dem Rad nun einen Muli zur Fortbewegung hatten. Das Mulitrekking ging 3 Stunden bis zur 3. Station der Teleferico auf über 4000m Höhe, vor uns der freie Blick auf den 5.007m hohen Pico Bolivar. Das für uns völlig ungewohnte Reiten erwies sich als äußerst anstrengend, danach dauerte es einige Zeit bis wir unsere Knochen wieder schmerzfrei bewegen konnten. Nun stand ein Trekking zurück ins Tal durch einen riesigen Nebel- und Regenwald auf dem Programm. Wir tauchten in den tiefen Urwald ein, ein Konzert an Lauten drang in unsere Ohren, die wir nicht alle zuordnen konnten, eine richtig mystische Wanderung in ungewohnter aber faszinierender Umgebung. Weiter unten kamen wir zu einer der vielen Forellenzuchten die es hier im Hochland gibt, wo die frischen Bäche von den Bergen zufliessen. Das wurde auch zu einem Lieblingsessen hier, Trucha con Ajillo, Forellenfilet mit Knoblauch. Das Reiten und die 2000 Höhenmeter Downhill führten zu kräftigem Muskelkater, sodass wir einen Ruhetag einlegten, um uns Merida ein bisschen Näher anzusehen. Der Markt mit dem bunten Angebot an Früchten und Gemüse hat uns besonders gut gefallen.
Die nächste Etappe führte auf den Adlerpass, mit über 4000m die höchste asphaltierte Straße in den Anden. Was es bedeutet auf dieser Höhe mit dem Bike zu fahren war eine interessante Erfahrung, man kommt mit dem Atmen fast nicht nach, so dünn wird die Luft. Die Anstrengung war es aber wert, denn es erwartete uns ein 2.000m Downhill Bikeerlebnis auf abenteuerlichen Wegen mitten durch ein Gebiet in dem der Condor wieder angesiedelt wurde, der uns in luftiger Höhe begleitete.
Der Abschluss der Reise war eine Badewoche auf der Isla Margarita in der Karibik, perfekt nach den herausfordernden aber wunderschönen Tagen in den Anden.
© Johann Huber 2021-02-08