Über die Wahrhaftigkeit

Eva Maria Hoffmann-Gombotz

von Eva Maria Hoffmann-Gombotz

Story

Über einen ganz langen Abschnitt meines Lebens gibt es keine Fotos, die mich im Profil ablichten. Meiner Nase nahm ich ihr Aussehen lange krumm. Über viele Jahre hinweg habe ich auf Fragen meinen Beziehungsstatus betreffend, mit einem trotzigen“Ich lebe lieber alleine“ geantwortet. Und abends meine Katzen derart intensiv gestreichelt, dass ich nahezu in einer Wolke aus Katzenhaar verschwunden bin. Über einen unendlich scheinenden Zeitraum hörte ich – umgeben von Schwangeren, die scheinbar aus allen Ritzen krochen – die Aufforderung: „Jetzt seid dann ihr aber an der Reihe!“ oder „Wann ist es bei euch so weit?“. Ich verwies auf die viele Zeit, die ja zur Familiengründung noch bliebe und konnte nachts nicht schlafen, ob der biologischen Uhr, die da so laut tickte.

Kennst du das auch?

Dieses Entsprechen-Wollen und Sich-Verbiegen? Mir raubte dieses Täuschen und Tarnen irgendwann immens viel Kraft. Es strengte mich an, mich jeden Tag aufs Neue in diese imaginäre Form aus Konventionen und (gesellschaftlichen) Normen zu pressen. Es machte mich müde den Anderen vorzuspielen, ich wäre genau wie sie. Und weil ich einfach viel zu viel Zeit damit vertrödelt habe, dem Bild von anderen Menschen gerecht werden zu wollen, bitte ich dich:

Lebe, wie du willst!

Sei stolz auf die Person, die du bist! Auf dich als Ganzes – inklusive geheimen Dachgeschoss und verstaubten Ecken. Mit krummer Nase, unreiner Haut. Mit Cellulitis und manchmal fettigem Haar. Single oder Alleinerziehend. Kinderlos und umgeben von einer lauten Kinderschar. Die Karriereleiter hochkraxelnd oder eben nicht. Völlig egal – weil niemand da draußen schultert deine Last. Niemand weiß, wie es sich anfühlt DU zu sein.

Warum erlauben wir dann diesen fremden Personen zu bestimmen, was wir für unser Glück im Leben brauchen?

Heute, viele Jahre auf der Yogamatte und auf dem Meditationskissen später, geh ich die Sache anders an. Heute bin ich ehrlich – zu mir. Und zu meinem Umfeld ebenso. Heute versuche ich meine Nase nicht mehr heimlich gerade zu biegen und heute erfinde ich auch keine Geschichten mehr darüber, wie sich unsere Familie dann doch noch so plötzlich vergrößert hat. Nicht alle Menschen finden das gut. Aber die, die da sind, das sind die Wichtigen. Auf die kommt es an. Und wollen wir nicht unsere Zeit mit jenen Personen verbringen, die UNS sehen? Die DICH sehen. Menschen, die deinen Zauber verdient haben?

Deshalb: Lass uns doch ehrlich sein. Lass uns zu uns selber stehen. Lass uns der Angst, nicht dazuzugehören die Stirn bieten und unser Herz öffnen, für das was dann kommt! Denn am Ende des Tages ist es doch DEIN Leben, dass es zu leben gilt. Und nicht einer Vorstellung vom Leben zu entsprechen, die andere Menschen für uns sehen!

© Eva Maria Hoffmann-Gombotz 2020-08-02