Verbotene Liebe

Das Unwetter war nicht weit. Im Gegenteil, es kam immer näher. Eben hatte sie noch fünfzehn Sekunden zwischen Blitz und Donner gezählt. Jetzt waren es nur noch sieben. Immer wieder erhellten grelle Blitze den dunklen Nachthimmel, gefolgt von krachenden Donnerschlägen.

Und doch tobte der Sturm nicht nur draußen. Auch in ihr zog ein Unwetter auf – eines jedoch, das niemals unkontrolliert ausbrechen durfte. Die Etikette ihrer Familie zwang sie, ihre Gefühle nicht einfach herausbrechen zu lassen. Und so blieb sie äußerlich ruhig – wie der Nachthimmel zwischen Blitz und Donner.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis es wie ein Vulkan aus ihr herausbrechen würde. So sehr sie diesen Moment herbeisehnte, so sehr fürchtete sie ihn. Denn er würde alles verändern – und es gäbe kein Zurück.

War ihre Liebe all das wert? Ihr Herz schämte sich für die Frage. Doch ihr Verstand stellte sie – nüchtern, gnadenlos, wie es ihre Erziehung verlangte. Das Unwetter stand nun direkt über ihr. Ein Donnerschlag krachte fast gleichzeitig mit dem vom Blitz erhellten Nachthimmel. Da wusste sie: Ihre Entscheidung war gefallen.

Sie trafen sich am folgenden Morgen. Die Sonne schien und erhellte den jungen Tag. Sie liebten sich wie nie zuvor – wild, ehrlich, verzweifelt. Es war wahre Liebe, doch vergeblich. Ihre Entscheidung stand fest. Beim nächsten Mal würden sie sich als Feinde gegenüberstehen. In der Ferne grollte Donner. Ein Unwetter zog auf. Der Abschied fiel schwer – aber er war unausweichlich. Ihre Tränen mischten sich mit dem Regen. Ihr Schrei – verschluckt vom Donner.