Vergesslichkeit

Hannes Zeisler

von Hannes Zeisler

Story

Man spricht oft von vergesslichen Professoren. Nun, ich bin kein Professor, aber mit deren Vergesslichkeit kann ich leicht mit halten ! Zu meiner Rehabilitation kann ich aber vermerken, dass ich noch nie etwas Lebenswichtiges vergessen habe. Ärgerlich war meine Vergesslichkeit aber trotzdem .

Über die sieben (!) verloren gegangenen Kapperl habe ich eine eigene Geschichte geschrieben. Heute setze ich deshalb nicht gerne eines auf. In jungen Jahren trug ich oft einen Hut, auch in der Zeit, als ich in St.Pölten studierte. Wenn ich an Ferientagen nach Hause fuhr, musste ich den Zug nach Krems benützen und dann auf den Bus warten, der mich heimbringen sollte. Während der Wartezeit schlenderte ich durch die Gassen von Krems, und als ich in ein Auslagenfenster schaute, bemerkte ich, dass ich keinen Hut mehr trug.

Ich hatte ihn im Zug vergessen und er war unterwegs nach St.Valentin und ich erhielt ihn erst wieder bei meinem nächsten Aufenthalt in Krems, nachdem ich den Verlust gemeldet hatte, Als ich noch jagdlich tätig war, musste man bei den diversen Zusammenkünften gut auf seinen Hut aufpassen, da sich die Jagdhüte stark glichen!

Einmal kam ich von einem Einkauf in unserem Geschäft im Ort nach Hause und machte es mir daheim bequem. Nach einer Weile fragte eines der Kinder: “Wo ist denn die Mutti?” “Ich glaube, sie ist auf der Toilette“, sagte ich. Es stellte sich heraus, dass sie nicht dort war, sondern ich sie im Geschäft vergessen hatte, als sie sich Kleider anschaute. Sie konnte aber nicht zu Fuß heimgehen, da es an dem Tag stark regnete!

Ein anderes Mal war ich mit einem älteren Herrn aus Sallingberg und mit meiner Frau unterwegs nach Zwettl. Nachdem der Mann alles erledigt hatte, fuhr ich mit ihm nach Hause und bemerkte unterwegs, dass ich meine Frau in Zwettl vergessen hatte. Ich schwöre, das waren die einzigen Male, dass ich meine Frau in unserer langen Ehe vergessen habe!

Eines Tages war ich in Ottenschlag beim Spar einkaufen. Als ich mit dem vollen Wagerl zum Auto kam, winkte mir schon von weitem der Kollege Karl St., Hauptschuldirektor in Ottenschlag, zu. Ganz aufgeregt kam er auf mich zu und erzählte freudestrahlend: “ Ich bin Großvater geworden!” Da ich zu dem Zeitpunkt schon mehrfacher Opa war, gab es einen regen Gedankenaustausch.

Als wir genug geplaudert hatten, stieg ich ein und fuhr nach Hause. Dort angekommen, öffnete ich den Kofferraum und stellte zu meinem Entsätzen fest, dass sich kein Einkauf darinnen befand. Ohne meine Frau zu informieren, kehrte ich schnellstens wieder zurück. Das Wagerl war verschwunden! Ich stürzte in den Sparmarkt, lief zur nächsten Kassa, an der zufällig eine ehemalige Schülerin saß, und entdeckte mein Einkaufswagerl mit Inhalt. Die Kassierin meinte, nicht ohne eine gewisse Schadensfreude: “Ich war sehr neugierig, wem der Einkauf gehört!” Ein Herr hatte das Wagerl hineingeschoben. Das würde sicher nicht überall passieren! Ich sage euch: Ich hab mich sehr gebessert!

© Hannes Zeisler 2021-04-27