Vergissmeinnicht

Und ich frage mich, wie es da oben so ist… ist es schön dort, wo du jetzt bist? Schaust du auf uns herab? Und bringt es dich zum Lächeln, uns zu sehen? -Hoffentlich- Kannst du uns, auch unsere Gedanken hören? Denkst du auch an die gemeinsamen Geschichten? Denn du fehlst …

Immer wieder machen meine Gedanken einen Bogen zurück zu dir. Zu dem früheren „dir“. Dem „dir“, mit dem ich aufgewachsen bin… Es war dir wichtig, Geschichten zu erzählen. Immer schon, aber besonders auch in letzter Zeit… du wolltest etwas hier lassen… etwas zum sich dran erinnern… zum dran festhalten…

Vorm Muttertag habt ihr als Kinder immer Vergissmeinnicht gesammelt und sie in einer Schale im Kreis ausgelegt. In die Mitte kam ein Stein. Um den herum haben sich dann die Vergissmeinnicht aufgerichtet. Das war das Muttertagsgeschenk für eure Mutter, davon hast du oft erzählt… jedes mal, wenn wir Vergissmeinnicht gesehen haben… ich war zwar nicht dabei, aber irgendwie war ich doch dabei … und Vergissmeinnicht haben die gleiche Farbe wie deine Augen, die beim Erzählen immer gefunkelt haben…

Ich weiß, dass die Birnen aus Nachbars Garten die Besten waren, in deiner Kindheit… obwohl ich den Nachbarn und die Birnen nicht kenne… und dass ihr, unzählige Kinder, in der Nachbarschaft nur einen einzigen Fußball aus Tiermagen hattet, auf den man beim Spielen sehr aufpassen musste…

Dass sechs Geschwister und unzählige Nachbarskinder ein Segen sind… und man so eine ganze Fußballmannschaft zusammenbekommt… Dass du immer gern Fußball gespielt hast… und dass ihr auf dem Weg zum Fußballspiel im Nachbardorf einmal mit dem Moped eines Freundes die Kurve nicht gekriegt habt und im Feld gelandet seid und dann ganz dreckig zum Spiel erschienen seid… aber passiert ist Gott sei Dank nichts…

Dass ihr mit Holzschuhen weite Strecken zurückgelegt habt… und im Winter heiße Kartoffeln in den Jackentaschen hattet, zum Händewärmen auf dem Schulweg und dann zum Essen in der Pause… Dass deine Mutter mit dir irgendwann dein erstes Paar Kniestrümpfe gekauft hat und du danach nicht mehr gar so kalte Füße in den Holzschuhen hattest…

Dass ihr Eier aus Wildtaubennester geklaut habt, die ihr erst mühsam ausfindig machen musstet… und dass ihr über die Jahre jedes Wildtaubennest, ja quasi jeden Vogel des Waldes kanntet… und dass ihr immer früher dran wart als die Übrigen mit gleicher Fährte…

Dass man mit dünnen Stöcken aus Birken im Frühjahr Birkenwasser zapfen kann… und welche Pilze man Essen kann… Dass man in einem Garten insgesamt ganz viele Dinge anbauen kann… Dass man sehr sehr viele Gerichte aus Kartoffeln und Mehl zaubern kann… und man fast immer zu zweit zum Kochen sein muss, damit das Essen besser schmeckt… dass man immer im Frieden das Haus verlassen oder Schlafen gehen sollte…

Ich bin unter einem guten Stern geboren. Dieser Stern bist du! Danke!

Für immer im Herzen dabei +29.04.2025