von Ulrike Sammer
Zakynthos wollte von meinem Mann und mir entdeckt werde, so fuhren wir mit unserem Mietauto los. Uralte Olivenbäume voller Früchte säumten unseren Weg in die Berge – jeder Baum ein Kunstwerk der Natur. Knorrig, mit vielen Löchern und Ausbuchtungen, manche wie Wesen aus einer anderen Welt. Dazwischen alte steinerne Zisternen mit kleinen Deckeln. Nirgendwo ein Mensch zu sehen. Unser Reisebuch führte uns zu einer sonderbaren „Pechquelle“, die wir sonst übersehen hätten. In einem gemauerten Loch gab es eine schwarze dickflüssige Masse, die bereits im Altertum zur Isolierung der Schiffe verwendet wurde. Mit einer bereit gestellten Latte konnte man darin herumstochern.
Über einen ziemlich beschwerlichen Weg in diesem felsigen Gelände gelangten wir zu einer eindrucksvollen Doppelhöhle: eine exakt oberhalb der andern. „Natürlich“ musste mein Mann in der senkrechten Wand herumklettern. Er kann es einfach nicht lassen. Ich stand unten und zitterte, dass ihm nichts passiert. Was täte ich denn in dieser Einsamkeit ohne ihn und ohne ein Wort Griechisch zu können! Es gab auch niemanden, den man um Hilfe holen konnte.
1953 gab es hier ein arges Erdbeben und noch immer sind viele Häuser des nächsten Dorfes verfallen oder zumindest stark ramponiert. Wir fanden aber einen malerischen Hof, in dem wir unter einer Weinlaube griechischen Kaffee trinken konnten. Die freundliche Wirtin brachte uns dazu Wasser und selbstgebackene Kekse.
Weiter oben am Hang verirrten wir uns total und kamen in ein fast gruseliges menschenleeres Gebiet von drei komplett verlassenen Dörfern. Sie waren so zerstört, dass sie vermutlich schon länger vor dem Erdbeben der Natur überlassen wurden. Vielleicht war das Wasser versiegt. Wir fanden die Reste von drei eingestürzten Kirchen, in deren Inneren große Bäume wuchsen. Olivenbäume durchdrangen alte Mauern. Durch Torbögen und Fensterresten kamen Pflanzen heraus. Mühlsteine lagen herum und eine gemauerte Zisterne war auch zu sehen. Da wir nicht wussten, welche Tiere sich in diesen Gemäuern verbargen und ich vor allem vor Schlangen Angst habe, verließen wir diesen Ort recht bald. Kurz unterhalb gab es aber mykenische Schachtgräber im felsigen Boden, die natürlich in dieser Wildnis nicht angeschrieben waren, die wir aber dennoch mit unserer Hartnäckigkeit fanden.
Ein highlight war aber noch am Programm unseres heutigen Tages: die diesmal gut beschilderte, berühmte Schmugglerbucht. Alle Touristen wollen dort hin und Fotos von diesem atemberaubend schönen Blick, den man von weit oben hat, machen. Diesmal waren wir aber die Einzigen, die in die „Shipwreck Bay“ hinuntersahen. Die Bucht ist nur vom Meer aus erreichbar, ein kleiner Sandstrand zwischen 200 m hohen, senkrechten Felswänden. Schmuggler, die auf der Flucht vor der Küstenwache waren, steckten ihr Schiff in Brand und eilten davon. Das Schiff strandete und liegt seit 1980 bis heute als Wrack in der Bucht.
© Ulrike Sammer 2021-03-22