von Hannes Steiner
Nach meinem Studium in Innsbruck war ich dann also doch nicht Jurist geworden, sondern dem Ruf aus der Heimat in die elterliche Buchhandlung gefolgt. Schritt für Schritt tauchte ich in eine faszinierende Welt ein. Was mich an diesem Beruf faszinierte, fand sich nicht nur zwischen zwei Buchdeckeln, sondern waren die Menschen dahinter, mit all ihren faszinierenden Geschichten.
Autorenlesungen wurden meine großen Leidenschaft, die zudem das Geschäft ankurbelten und für PR sorgten. Einer der Abende, an die ich mich bis heute erinnere ist der, als wir einen venezianischen Abend mit Donna Leon am Programm hatten und sich unsere kleine Buchhandlung in den Markusplatz verwandelte und aus den Lautsprechern die Glocken des Kampanile tönten.
Wenn ich alljährlich die Frankfurter Buchmesse besuchte, dann auch nur aus diesem einem Grund. Ich war auf der Suche nach spannenden Autoren, die ich für einen Abstecher nach Salzburg gewinnen wollte. Und so schlenderte ich wieder einmal durch die Gänge, es wollte mir aber kein einziges Buch ins Augen stechen. Ohne Ausbeute saß ich spätabends am Flughafen, wartete an einem verlassenen Gate auf den Heimflug, als mir der erlösende Gedanke kam: Dann gründe ich eben einen eigenen Verlag! Just in diesem Moment entdeckte ich eine kleine weiße Maus, die mich aus sicherer Entfernung anstarrte, um dann schnell das Weite suchen. Also auch noch ein Zeichen! Ich fand gerade noch Zeit die Nummer eines Freundes zu wählen, um von Maus und Verlag zu berichten, trat euphorisch die Heimreise an und bereits über den Wolken reifte die vage Idee zum Entschluss.
Zuhause galt es dann rasch drei Entscheidungen zu treffen: Verlagsname, Buchformat und „last but not least“ einen ersten Autor gewinnen. Ich schrieb nur zwei Briefe: einen an die Journalistenlegende Hugo Portisch, der mir aus meiner Kindheit noch einen Gefallen schuldete, weil ich ihm als Siebenjähriger einmal Taschentücher besorgt hatte, und einen an Ingrid Thurnher, ORF-Anchor-Woman der ZiB2.
Es war im Weihnachtsgeschäft, ich stand gerade an der Kasse, hatte meine beiden Briefe schon fast wieder vergessen, als man mich zum Telefon rief und eine bekannte TV-Stimme einen Terminvorschlag machte. Nur wenige Wochen später wartete ich gespannt im Café Dommayer auf Ingrid Thurnher, bewaffnet mit einem einzige Blatt Papier, dem Cover von „So reden Sie sich zum Erfolg“. Es hatte nur einen einzigen Schönheitsfehler, wie mein Gegenüber selbstsicher bemerkte. Mein Grafiker hatte aus Kostengründen beim Foto der Autorin gespart und das bekannte TV-Gesicht mit einem fremden Rumpf verbunden was durch eine unbekannte wie geschmacklose Halskette auffiel. Wie auch immer es gelang, manche meinen mit der mir attestierten „Übernachhaltigkeit“, wir hatten einen Deal und noch im Herbst erschien der Erstling, kletterte auf Platz 1 aller Listen und schaffte ein goldenes Buch für 25.000 verkaufte Exemplare. Warum also nicht verlegen?
© Hannes Steiner 2020-07-15