Verlorene Heimat

agnes thinschmidt

von agnes thinschmidt

Story

Mein Mann Alfred wurde in der Zips geboren, einige Kilometer entfernt von Käsmark, wo er die ersten Jahre bis zur Schule logierte. Anschliessend zog die Familie nach Käsmark, wo er bis zur Vertreibung wohnhaft war und bis dorthin auch in die Schule ging. Er hatte 6 Geschwister, die Eltern hatten damals auch ein Haus gebaut, waren dort ansässig und wurden 1946 nur mit dem, was sie tragen konnten, vertrieben, der kleinste Bruder war 2 Jahre alt. Der Vater war im Krieg. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mein schönster Urlaub war im August 2017. Mit einem Waldviertler Bus starteten wir von Wien aus am 18.8.2017. In Tyrnau besichtigten wir die Stadt, ebenfalls in Paludza, wo wir uns die größte Holzkirche der Slowakei ansahen. Abends kamen wir dann in Altschmecks an und bezogen im Grand Hotel Bellevue unsere Zimmer.

Ich war mit meinem Mann ja schon öfters in der Zips, wie dieses Gebiet eben heißt und viele Male alleine. Denn der Anblick der Hohen Tatra streichelt meine Seele, möchte ich fast sagen. Ich flog sogar mit einem Kleinflugzeug schon über sie. Mein Mann ist nie gerne in die Zips gefahren, denn seine Meinung, was ich auch akzeptiere, ist: “Was soll ich dort, die haben mich hinausgeschmissen”.

Wir besuchten auch Zakopane in Polen, die Holzkirche und die Kirche, die anlässlich des Attentates auf Papst Paul II. errichtet wurde und auch die Skisprungschanze. Unser Mittagessen nahmen wir im ältesten Gasthaus von Polen, im “Karczma u Wnuka” ein. Natürlich wurde auch die Floßfahrt am Dunajec absolviert, die ich wegen der Stromschnellen jedes Mal sehr genieße. Abschluss war eine Gulaschparty und eine Fahrt mit der Kutsche. Das ist immer Tradition nachher, wo eben die Goralen, die eine eigene Tracht zeigen, zu Hause sind.

Weiter ging es nach Käsmark, wo eben mein Mann seinerzeit wohnte. Natürlich war die Besichtigung der wunderschönen Holzkirche am Programm und auch die der Burg. Hier haben wir uns mit einem Jugendfreund von meinem Mann, der in derselben Gasse noch wohnt, getroffen. Dieser lud uns alle ein, bei ihm Kaffee zu trinken, über vergangene Sachen zu plaudern und zum Abschluss, das habe ich sehr rührend empfunden, gingen wir alle gemeinsam den Schulweg, den beide täglich absolvierten, standen auch vor dem seinerzeitigen Elternhaus von meinem Mann.

In Leutschau der herrliche Altar von Meister Paul war selbstverständlich auch ein Ziel, Poprad – der Georgenberg. Mit der Bahn ging es dann nach Hrebienok hinauf, von hier aus begann eine Wanderung, das Wetter war prima, zu einem Wasserfall etc. Der Tschirmer See (Strbske Pleso) ) wurde natürlich auch umrundet. Die 6 Tage waren im Nu vorbei. Bei der Heimfahrt besuchten wir noch Banska Bystrica und Nitra. Wohlbehalten kamen wir abends in Wien wieder an.

Für mich war es – obwohl ich sehr viel während meines Lebens unterwegs war – die schönste Reise, weil eben unsere drei Kinder samt Partner mit integriert waren und teils das erste Mal eben Papas einstige Heimat miterlebt haben.

© agnes thinschmidt 2021-01-26

Hashtags