Erneute Lektüre „Die Kreuzfahrer“. Wladimir Kaminer. Ermutigt mich, auch noch ein bisschen über meine Mitkreuzenden herzuziehen.
Über Wiener Zitronenfalterin und Männe mit Doppelsonnenhut hab ich schon berichtet. Diese Duos haben meinen Wasserweg nicht mehr gekreuzt. Aber bald erspähte ich bei einem Blick vom Balkon ein nicht mehr ganz taufrisches Liebespaar. Ihre sanfte Hand streichelt über seinen nicht mehr durchgängig mit Haaren versorgten Hinterkopf. Mehr konnte ich vorerst nicht sehen. Beim Dinner im Restaurant „L’Olivo“ saßen sie am Nebentisch. Sie, Naturschönheit, steht um 7h auf und strahlt. Von innen & außen. Voll die mediterrane Aura. Olivenhaut, Schnee-Zähne, volle Lippen, schwarzes Kurzhaar, guter Schnitt. Spanierin halt, mit einem Schuss Marokko.
Er Typ dynamischer Geschäftsmann, blendend weißes Gebiss, untersetzt, dünne Beine, Wohlstandsbauch, Dauerstrahlen. Schaut’s her, meine „Neue“. Beim Dinner mussten sie sich bzw. einander, zumindest während des Essens, loslassen. Wegen des Bestecks. Ich war sowas von neidisch!!! Obwohl ich natürlich das Ablaufdatum immer mitdenke und fühle.
Eine einsame, trinkfeste, sympathisch vorlaute deutsche Tischnachbarin, Ulla aus Köln, wir nannten sie intern Henna nach ihrer Haarfarbe, brachte es dann eines Abends auf den Punkt. Sie meinte: Er sieht aus wie der, na der Ex aus Italien, der Politiker… Ich: Berlusconi? Sie: Genau!
Henna kreuzt seit 13 Jahren durch die Welt. „Nachdem ich alle begraben hatte.“ Sie war mit einem 18 Jahre jĂĽngeren Schauspieler aus Ungarn verheiratet. Arpad. Auch er, vorzeitig „davon geschwommen“. Nach so vielen Kreuzfahrten kennt sie natĂĽrlich auf jedem Schiff das Personal und sogar den von der Reality-Dauer-Kreuzfahrt „VerrĂĽckt nach Meer“ bekannten Käpt’n Morten Hansen, den von der BrrrĂĽcke. Insider wissen, was ich meine. So eine Art „LindenstraĂźe“ auf Wasser.
Zurück zu Berlusconi. Überall schwerst verliebt. Im Jacuzzi, an den Bars, in den Liegestühlen, sie tanzten im Vollmond vor meiner Nase herum. Ständig frisch geduscht. Und abends die Kleider! Am letzten Abend rot. Roja. Umwerfend.
Zwischendurch ließ er kurz seine Hände von ihr, begab sich mit Laptop in den Schatten. Eine Hand am Handy, andere am Laptop. Ich vermutete: On-line Broker. Aktiengeschäfte an Cuba Libre. Immer wieder winkte er zwischendurch strahlend mit den drei mittleren Fingern in Richtung Liege. Nach ca. einer Stunde klappte er zufrieden den Deckel zu, ging wiegenden Schrittes zurück zu seiner bronzefarbenen Beute. Küsste ihr galant den Brillant.
Auch ich fand einen Geburtstags-Gutschein von Bulgari am Bett. Hab mich nicht hingetraut. Hätte eine Kleinigkeit geschenkt bekommen & dann so ein schlechtes Gewissen gehabt, dass ich mich zu einem Kauf hätte hinreißen lassen, nur um da einige Arbeitsplätze zu retten. Die haben ja auch zu kämpfen. Der Treibstoff für Yachten… Man wird sich vielleicht sogar von der einen oder anderen trennen müssen.
© 2021-09-30