von Rosalie Jacobi
Es war Nacht im Feenland und alle Bewohner lagen schlafend in ihren Betten. Bis auf eine.
Elaine konnte einfach nicht einschlafen. Seit Stunden drehte sie sich von einer Seite auf die andere. Sie hatte schon alles versucht: heiße Milch mit Honig, Schafe zählen und lesen – doch nichts half. Ihre Eltern meinten, es wäre die Aufregung vor dem morgigen Tag. Denn ab morgen würde sich alles ändern. Sie würde endlich zu den Großen gehören. Es war nämlich der Tag ihrer Schuleinführung.
Elaine hatte große Angst, doch ihre Eltern sagten, dass alles gut gehen würde. Aber da war sie sich nicht so sicher. Immer wenn sie an morgen dachte, bekam sie fürchterliche Bauchschmerzen.
Was, wenn sie keine Freunde finden würde oder die Fragen der Lehrer nicht beantworten konnte?
Na toll, nun hatte sie wieder Bauchweh. Fest drückte sie ihren Teddy Barn an sich. Er war immer an ihrer Seite und beschützte sie vor allem Bösen. Deswegen wollte Elaine ihn – gegen den Rat ihrer Eltern – unbedingt mit in die Schule nehmen. So war sie wenigstens nicht allein.
Erneut schloss Elaine die Augen, doch auch dieses Mal klappte das Einschlafen nicht. Hell schien der Mond in ihr Zimmer. Da kam ihr eine Idee. Leise schlich sie zum Fenster und öffnete es.
„Nach einem Spaziergang bin ich bestimmt müde genug, um zu schlafen“, dachte Elaine – fröhlich und stolz auf ihren Einfall. Sie breitete ihre pinken Schmetterlingsflügel aus und flog hinaus in das Dorf. Ihr weißes Nachthemd umwehte ihre Beine, und ihr blondes Haar leuchtete mit den Sternen um die Wette.
Im Dorf unter ihr war alles still. Sie setzte sich auf den Ast eines großen Kastanienbaumes und sah hinauf zu den Sternen. Oft fragte Elaine sich, wie sie wohl aus der Nähe aussahen. Ob sie wohl in der Schule eine Antwort darauf bekommen würde? Bestimmt – die Lehrer wussten schließlich so gut wie alles!
Dieser Gedanke tröstete sie etwas. Elaine flog weiter und erreichte bald einen Felsvorsprung, auf dem eine kleine Gestalt saß.
„Wer bist du?“, fragte Elaine neugierig. Erschrocken drehte sich die Person um. „Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken“, entschuldigte Elaine sich kichernd. „Macht nichts. Ich bin Kai.“ Sie erkannte, dass Kai ein Kobold war. Er hatte grüne Haut, blaue Augen, und seine Haare waren dunkel-lila. Auch hatte er eine runde Knollnase – typisch für Kobolde. Er trug eine offene braune Weste und eine kurze braune Hose. Sein Lächeln war ehrlich, und Elaine wollte sich mit ihm anfreunden. „Darf ich mich zu dir setzen?“ „Klar!“ Lächelnd setzte Elaine sich neben ihn. „Du bist neu, oder?“ Kai nickte. „Mein Papa und ich sind gerade erst hierhergezogen.“ „Bist du aufgeregt wegen morgen?“ Kai wurde rot und antwortete: „Ja, ziemlich. Und du?“ „Ich auch. Aber jetzt habe ich ja wenigstens schon einen Freund gefunden.“ Kai erwiderte ihr Lächeln. Plötzlich raschelte es im Gebüsch. Erschrocken drehten beide sich um und standen schnell auf, als plötzlich …
Weiter in Teil 2 …
© Rosalie Jacobi 2025-06-04