Verwünschte Eisheilige

Fenja Harbke

von Fenja Harbke

Story

Es fing ganz harmlos an, mit etwas Saatgut, das Dorika von ihrer Freundin Oliwia bekommen hatte. Violette Tomate, rosa Bohnen, weiße Paprika, schwarze Chili und noch mehr Bohnen.
Vor lauter Vorfreude hatte Dorika direkt alle sind Pflanzkästen gesetzt, in ihre Küche gestellt und täglich gegossen. Die ersten grünen Blättchen ließen nicht lange auf sich warten und der grüne Daumen der Hexe tat sein Übriges. Sehr schnell mussten die in die Höhe schießenden Tomaten und Bohnenranken aus der Küche ausziehen.
Nun standen sie im Wohnzimmer, mit Blick auf den Garten, in den sie gepflanzt wurden, sobald die Eisheiligen überstanden wären und kein Frost mehr drohte, Dorikas Mühen zu zerstören.
Inzwischen war es Ende April und das Wohnzimmer glich einem Urwald. Wenn das ganze Grünzeug hier bis Mitte Mai weiter wucherte, käme sie bald nicht mehr zu ihrem Bücherregal durch. Außerdem goss sie mehrmals versehentlich ihre Kochbücher, weil die teilweise grün waren und die herausragenden Zettel wie trockene Blätter aussahen.
Abends zirkelte sie sich in ihren Lesesessel und zog ein Buch unter einem Blumentopf mit Chili oder Paprika hervor – ohne Früchte ließen sich die beiden Pflanzen nicht voneinander unterscheiden.
Das Maunzen ihres Katers drang erstickt durch die Blätter und Dorika musste sich recken, um ein Flecken seines silbergrauen Fells zu erspähen.
„Ja, ich weiß, dass es zu viel ist. Ich hätte den ganzen Kram nicht so früh aussähen dürfen. Aber ich war eben ungeduldig. Und so können wir früher ernten.“
Der Kater raschelte durch die tief hängenden Tomatenblätter und rumorte vor sich hin.
Die Hexe hielt ihr Buch in der Hand und starrte an die Zimmerdecke. Der Duft von alten Büchern war von dem von Blumenerde und abgestandenem Wasser ersetzt worden. Und noch immer zwei Wochen, bis sie das ganze Zeug im Garten einpflanzen konnte.
Wenn bis dahin alles so ungehindert weiter wucherte, hätte sie keinen Platz mehr in ihrem Wohnzimmer. Und auf ihr Schlafzimmer wollte sie eigentlich nicht ausweichen, das war noch unaufgeräumter.
Die Hexe zog eine Bohnenranke aus ihren roten Locken und kniff nachdenklich die Augen zusammen.
„Ich könnte die Pflanzen einfach kleiner Hexen, dann nehmen sie nicht mehr so viel Platz weg. Decrus Mini mupp.“
Das Grünzeug schrumpfte wie Rasen in der Sommersonne. Dazwischen kam der Kater zum Vorschein, der sich in eine Ecke des Sofas gequetscht hatte. Er erwiderte Dorikas Blick.
„Oh, warte, der Spruch hält nur eine Stunde. Und ich kann den nicht jede Stunde wiederholen. Ähm … Ah, ich weiß.“
Sie stand aus ihrem Sessel auf und streckte die Finger.
„Ich muss das Wachstum anhalten. Die Pflanzen müssen einfach stehen bleiben. Dann muss ich auch nicht mehr so viel gießen … Sup manus hex.“
Zufrieden grinsend klappte Dorika ihr Buch auf. Jetzt konnten die Eisheiligen kommen.

© Fenja Harbke 2025-05-02

Genres
Science Fiction & Fantasy
Stimmung
Unbeschwert
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