Bei meiner Rückkehr war Peter noch wach. Ich hatte diese Ahnung bereits, als ich mir Zutritt zu unserer Wohnung verschaffte. Er ging nie schlafen, bevor ich nicht zu Hause war, denn man wusste ja nie. Das war seine Erklärung dafür. Seit Mama nicht mehr bei uns war, gab er sich noch mehr Mühe mit mir. Ich dachte wieder an die Predigt wegen der Zigarette und fühlte mich augenblicklich schlecht. Möglicherweise war es sein Ernst gewesen.
Ich zog den Kopf ein, als er mich durch den Wohnraum hinweg ansah, denn ich rechnete bereits mit der nächsten Predigt.
„Ich habe mir schon Sorgen um dich gemacht. Es ist ziemlich spät.“
„Ich war mit Jakob unterwegs.“
Peter brummelte vor sich hin und ich glaubte, er war froh darüber, dass ich nicht allein umher gestreift war, aber sicher war ich mir nicht. Wir redeten wenig über solche Dinge.
Ich lief zum Tisch und hob die Flasche, die dort stand, an meine Nase. Auf der Stelle verzog ich das Gesicht und goss das Zeug aus dem Fenster. Peter ließ es einfach geschehen. Nun war er derjenige, der den Kopf einzog. Er wusste ganz genau, dass ich nichts davon hielt, wenn er trank. Der Alkohol hatte in den letzten Jahren massig an Qualität eingebüßt. Meistens war es gepanschtes Zeug mit Methanol und Peter hatte bereits beträchtlich an Sehleistung eingebüßt.
„Ich muss mir einen neuen Job suchen.“ Es war Zeit, unseren neuen Lebensumstand zu beichten. Jetzt, da ich den jungen Quell beklaut hatte, war ich guter Dinge, dass wir erst einmal eine gute Rücklage hatten. Nur, dass es selbst mit Geld schwer werden würde, an Wasser zu kommen.
„Ist was passiert?“
„Anscheinend planen die Quells, zu verschwinden. Ich weiß nicht genau.“ Noch konnte ich den Vorfall in der Fabrik und das Aufeinandertreffen mit einem Quell in der Altstadt nicht einordnen. Aber ich war lieber vorbereitet.
„Ich kann auch eine neue Arbeit suchen. Du hast schon viel zu lang für uns gesorgt.“
„Wenn du so weitermachst, bist du bald blind und dann stellt dich keiner mehr an.“ Zur Demonstration stellte ich die Flasche wieder vor ihm auf den Tisch. Für Peter musste es hart sein, dass ich es so formulierte, aber es war die Wahrheit. Das wusste er.
Um der schlechten Stimmung entgegenzuwirken, kramte ich in der Hosentasche nach den zwei Scheinen. Wenn ich sie Peter zeigte, würde er hoffentlich nicht zu viele Fragen stellen. Sie waren zerknüllt und ich faltete sie vorsichtig auseinander. Doch als mir bewusst wurde, dass es kein Geld war, das ich da gestohlen hatte, wich mir jegliche Farbe aus dem Gesicht.
© Marietheres Kumpf 2022-08-31