Am Abend machen wir ein Lagerfeuer. Es gibt Stockbrot und wir spielen Kennenlernspiele. Unter anderem sollen wir erzählen, warum wir hier sind. Alle anderen sind freiwillig hier, weil sie Abenteuer erleben, mehr Zeit in der Natur verbringen, neue Freunde finden oder einfach etwas Neues ausprobieren wollen. Nur ich habe keinen wirklichen Grund. Ich überlege und überlege und schließlich erzähle ich den anderen eine Geschichte darüber, dass ich Pfadfinderin war, unsere Gruppe aber aufgelöst wurde und ich meine Naturkenntnisse nicht verlieren will. „Wow, Julia! Das ist ja sooo cool!“ Lena war total begeistert. Um zehn Uhr müssen wir ins Bett. Ich liege noch lange wach im Bett, aber erstaunlicherweise nicht, weil mir die Musik fehlt, sondern weil Lena neben mir schnarcht, wie ein Bär. Ich bin gerade eingeschlafen, als mich ein Sonnenstrahl auch schon wieder weckt. Verschlafen blicke ich auf den Wecker. Fünf Uhr morgens. Ich will echt keine Gewohnheit daraus machen, so früh wach zu werden, doch nun bin ich schon mal wach und ich genehmige mir eine ausgiebige Dusche. Dazu ist gestern sowieso keine Zeit mehr gewesen. Als ich zurück ins Zimmer komme, blickt mich Lena verschlafen an. „Wie spät ist es? Müssen wir schon aufstehen?“ „Nein, nein, du kannst ruhig noch weiterschlafen. Es ist gerade mal halb 6sechs.“ Aber Lena kann auch nicht mehr schlafen und so ziehen wir uns an und gehen hinüber in die Gemeinschaftshütte. Niemand ist zu sehen, nur aus der Küche kann man das Klappern von Geschirr hören. Wir setzen uns auf die gemütlichen Sofas. Lena redet schon wieder die ganze Zeit. Diesmal schenke ich ihr meine volle Aufmerksamkeit. Ich würde es nie gegenüber meiner Eltern erwähnen, aber ich habe seit meiner Ankunft im Camp nicht mehr an Musik gedacht. Ich habe die Zeit sogar genossen und sehe in Lena jetzt schon eine richtig gute Freundin. Kurz überlege ich, ob ich ihr vielleicht von dem Vorfall erzählen sollte, doch jetzt kommen bereits die anderen. Lisa, Sophia, Fabian und Jonas setzen sich zu uns. Aus der Küche dringt schon der köstliche Duft nach gebratenem Speck. Ich habe gar nicht bemerkt, wie hungrig ich bin. Doch jetzt meldet sich mein Magen lautstark zu Wort. „Da ist wohl jemand schon sehr hungrig. Ich habe gehört, die Köche hier machen das beste Essen.“ Jonas zwinkert mir zu. In diesem Moment wird die Tür zur Küche geöffnet. „Hört mal kurz alle her. Im Nebenraum ist ein Frühstücksbuffet aufgebaut, dort könnt ihr euch selbst bedienen. Wenn jemand Spiegelei, Rührei oder gebratenen Speck will, kommt zu mir in die Küche.“ Sofort strömen alle zum Frühstücksbuffet und laden sich ihre Teller voll. Nach dem Frühstück holen alle ihre Badesachen und wir gehen zum nahegelegenen See. Das Wasser ist herrlich kühl und der Tag vergeht wie im Flug. Am Abend reden Lena und ich noch lange und diesmal trage auch ich zum Gespräch bei. Der Mut, ihr von dem Vorfall zu erzählen, ist jedoch verflogen.
© Sarah Atzlesberger 2021-04-12