Vogelfrei

Ich stehe auf dem Parkdeck und denk‘ wie so eine bescheuerte Kitschromanfigur ans Fliegen. Wenn man fällt, fliegt man eigenlich auch ganz kurz. Und mit einem Minibang wär‘s vorbei. Einfach so. Wie wenn ein Butterbrot vom Küchentisch fällt und auf der Schnodderseite landet. Minibang. Wer höher fliegt, der fällt tiefer, geil noch so ein Zen-Kalenderspruch. So richtig geschnallt hab ich das aber erst vor ein paar Minuten, als ich diesen Vogel auf dem Parkdeck fand. Er lag auf dem Rücken in so einer Regenbogenbenzinlache, sein Gefieder war verklebt von Blut obviously und sein Schnabel war genauso eine breiige Masse, wie mein Kopf, wenn ich mich richtig weggeballert habe.

Wenn du dir eben noch wünschst, wegzufliegen, wird dir durch einen toten Vogel auf dem Dach die ganz Scheiße wieder bewusst. Wie ein perverses Zeichen von so einer patriarchalen Arschlochschöpferfigur, die dich daran erinnern will, wie zerbrechlich die Welt ist. Als könnte man das wirklich vergessen, wenn man sich permanent fragt, ob sich alle Menschen mit so einer göttlichen fluiden Panzerglasschicht eingeseift haben. Ich muss damals in der glitschigen Pampe ausgerutscht sein und mir irgendwo was zersplittert haben. Vielleicht irgendwas am Auge oder so. Das würde erklären, warum ich die Dinge immer anders sehe.

Die Wolken verdunkeln den Himmel und gleich geht’s los mit der größtmöglichen Gerechtigkeit, die diese Welt zu bieten hat. Regen ist gut, er beweist, dass die Pisse eigentlich jeden trifft.Es sei denn du bist ein Vogel und kannst drüber fliegen. Zumindest so lange bis du auf ein dreckiges Parkdeck knallst. Und glaub mir, du würdest knallen.Über dir würden andere Vögel fliegen. Lachen, was du doch für’n Trottel bist. Dabei würden sie auf deine Leiche kacken. Weil Vögel immer kacken. Ist nix persönliches.Ich nehm’ noch einen tiefen Schluck aus der Flasche. Eigentlich jucken mich Vögel gar nicht. Aber ein bisschen Alkohol und voilà hier sind wir. Mein Hirn beginnt in meinem Schädel sanft zu zerfließen, wie im Feuer eines Kamins. Wahrscheinlich könnte das sogar gemütlich aussehen. Wüsste ich, wenn ich einen Kamin hätte.

Ist auch egal, ob du dich vollpissen lässt oder dir das Scheißgrinsen der Sonne geben musst. Ich bin so teletubbygestört, dass ich immer dieses Babyface auf den Himmelskörper projiziere. Wäre ich ein Vogel würd‘ ich’s ihr vom Gesicht wischen. Die Flügel hab’ ich mir eh schon zu oft verbrannt. Wahrscheinlich könnte ich nicht mal mehr fliegen und würde auch in einer Pfütze Benzin auf einem Parkhaus enden. So wie jetzt.Ich sehe die Regentropfen von unten, die wie kleine Raketen vom Himmel fallen, um in meiner Fresse zu explodieren. Ein letztes Mal stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn ich fliegen würde. Wer an mich denken würde, wenn ich die Sonne wegklatsche und mir die Flügel verbrenne. Und wer mich vom Parkdeck kratzen würde.Wahrscheinlich würde ich einen Scheißvogel abgeben.Und darum gehe ich die Treppen wieder herunter.