Volare in Rom

Tanja Gitta Sattler

von Tanja Gitta Sattler

Story

Zum 40ten Geburtstag darf es gern etwas Besonderes sein. Ich fand, die “Ewige Stadt” bietet den perfekten Rahmen zur Feier des eigenen Werdens und Vergehens. Viele ehemals wunderschöne Bauwerke sind eklatant angenagt, genau wie ich. Trotzdem fasziniert Rom gerade durch die altehrwürdige Patina, wovon ich mir gerne ein Scheibchen abschneiden wollte. Unser Hotel lag nahe der Diokletiansthermen. Der Rezeptionist empfahl uns das Ristorante gegenüber für ein gutes, bezahlbares Abendessen. Ein heißer Tipp in dieser mondänen Stadt. Wir starteten mit Carciofi alla giudia, knusprig frittierten Artischocken und gingen über zur berühmten römischen Pasta: Cacio e Pepe – göttlich!

Danach schlenderten wir los und hörten Gitarrenklänge in einem Imbiss. Ein chilenischer Musiker auf Reisen grüßte freundlich, als er uns um die Ecke lunzen sah. Wir erzählten, dass wir auch musizieren. Schon hatte Mick die Gitarre in der Hand, ich sang: Cuando Cuando. Das hörte einer der Kellner des Ristorantes, in dem wir gespeist hatten, kam und meinte, dass wir kaum normale Touris sein könnten. Doch, erklärte ich mit Händen, Füßen und auf Spanisch, was er als Italiener natürlich verstand. Er war begeistert, dass wir in seiner Heimatstadt Geburtstag feiern wollten. Ich tippte auf die Zwölf meiner Uhr und weg war er.

Gerade sangen wir Djobi Djoba, der indische Imbiss-Besitzer trommelte gekonnt auf seine Theke ein, als der Kellner mit einer Flasche Prosecco, etwas Käse und Ciabattabrot wiederkehrte. Ich konnte mein Glück kaum fassen – wie lieb war das denn? Mittlerweile tummelten sich Neugierige auf der Straße und reckten die Hälse, was da los ist. Der Gitarrist spielte etwas, das nach Salsa klang. Mick war mit Klatschen beschäftigt, also schnappte ich mir eine junge Frau von der Gasse und wir tanzten unter großem Gejohle in meinen 40ten hinein. Der Kellner ließ den Korken knallen, “Salute”, Küsschen, alle gratulierten. Geht es noch toller? Aber ja!

Am Morgen stürmten wir die Stadt, tranken in todschicken römischen Bars köstliche Espressi. Vom Trevi-Brunnen aus küssten wir uns bis zur Spanischen Treppe durch, dort schleckten wir ein Eis. Gegen Abend liefen wir am Ufer des Tibers entlang, irgendein Fest war im Gange. Es gab Schmuck-Stände, Live-Musik, Feuerschlucker, Jongleure, Pantomime, fast wirkte es wie eine Filmkulisse. Da gerieten wir in ein Viertel, in dem es keine Laternen gab. Sämtliche Häuser wurden durch lodernde Fackeln beleuchtet. Ein Ristorante mit Garten lockte. Familien an langen Tischen, überall Umarmungen, Geplauder, Kinderlachen. Wir bestellten Wein, dazu Porchetta und lauschten der Band, die zwischen den Tischen spielte. Ich wünschte mir Bambino von Dalida zum Geburtstag. Als ich mitsang, baten sie mich zu sich und stimmten Volare an.

Wahnsinn, jubelte mein Herz, ich stehe in Rom und singe Volare! Die italienischen Familien sangen fröhlich mit und spendeten herzlichen Applaus.

Was für ein Geschenk – La Dolce Vita!

© Tanja Gitta Sattler 2021-02-08

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