Als erster Park Wiens wurde der Volksgarten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, heute ist er im Besitz der Republik Österreich und UNESCO Weltkulturerbe. Die Wiener haben dank der Huld ihres Kaisers Franz I 1823 den Volksgarten erhalten. Bei der Gartengestaltung forderten im 19. Jahrhundert Gartentheoretiker und Gartenpraktiker für Volksgärten „Gebäude im guten Geschmack, wo Erfrischungen und Getränke eingenommen werden können.“ Dieser Forderung hat sich der Kaffeesieder Pietro Corti aus Bergamo angenommen und hat das Zweite Corti’sche Kaffeehaus, von Pietro Nobile aus dem Tessin entworfen, am 1. Mai 1823 eröffnet. In dem Kolonnaden Bau, wo Corti „warme und kalte Getränke nebst Erfrischungen das ganze Jahr hindurch anbot“ hatte er bald ein Stammpublikum. Er nannte das Café „Salon im Volksgarten.“ Heute ist dieser halbrunde Bau ein Disco Pavillon, denkmalgeschützt, mit einem sehr schönen Garten. Der Volksgarten war in der Biedermeierzeit ein Ort des Anbandelns, des Vergnügens und der Begegnung. Der Karikaturist Anton Zampis (1820 – 1883) schuf 1847 spöttische Zeichnungen mit einem bestimmten Männertyp, den er Volksgarten-Lion nannte, ein schöner Mann auf der Suche nach schönen Stunden, eine schillernde Figur des Wiener Gesellschaftslebens, ein Dandy, in Wien auch Gigerl genannt. Der Volksgarten und andere Orte waren beliebte Flaniermeilen des Bürgertums und dort war der Dandy mit Gehrock, Zylinder und Gehstock anzutreffen. Was den Müttern, die mit ihren Töchtern promenierten oder das Kaffeehaus besuchten, Sorge bereitete. In der Hoffnung auf ein „Stelldichein“ spazierte er dort herum oder war im Corti Café anzutreffen. Für Unterhaltung sorgte die Walzermelodie von Joseph Lanner, Johann Strauß Vater und Sohn, die die „Volksgarten-Quadrille“ und die „Salon-Polka“ komponierten, dazu war ein Backhendlessen mit Dreivierteltaktbegleitung obligat. Die jungen Mädchen durften unter dem strengen Blick ihrer Mütter oder Gouvernanten ein Tänzchen wagen, was oft zum Flirt führte. Bei einem Fest im Volksgarten stand „dem schönen Geschlecht eine elegante Dandyschar gegenüber.“ (Der Wanderer 27.7.1839). Nur in der Karikatur wurde der Dandy zum Volksgarten-Lion, angriffslustig, immer auf der Jagd, ein Löwe eben. Lustig ist die Anbandelung mit einem Hund als Postillion d’amour, der mit einer Nachricht unter den Augen der ahnungslosen Mutter ein Brieflein zwischen dem jungen Mädchen und seinem Herr hin und her brachte. Es gab phantasievolle Möglichkeiten etwas nicht Erlaubtes auszuprobieren. Zeitgenössischen Berichten nach war der Volksgarten der Tummelplatz der gebildeten, schönen und eleganten Welt und ein „Ort, der reizendsten Blumen der Residenz.“ Rechts vom Ausgang Richtung Burgtheater steht ein kleiner Bau mit einem halbrunden Dach und einer Einfriedung. Ob sich jemand Gedanken macht, was das sein kann? Hier ist der historische Luftbrunnen, der die Frischluftversorgung des Zuschauerraumes im gegenüberliegende Burgtheater regelt. Dabei wird die Frischluft im Volksgarten angesaugt und über einen unterirdischen Gang und Bodenauslässe in den Zuschauerraum geführt. Verbrauchte Luft wird über die Decke und eine drehbare Öffnung beim Blasengel auf dem Dach abgeführt. Die Energieeffizienz und Lufthygiene von damals funktioniert heute noch.(bda.gv.at/service/aktuelles)
© Heidemarie Brezina 2024-02-12