von Berit Glaser
Hat mich doch tatsächlich ein Hund angeschifft. Ich bin markiert worden! Das muss man sich mal vorstellen bitte! In der Westbahnstraße hock ich ganz gesittet auf dem Boden, damit sich der Kreis schließt zu meinen Peepz, die auf so einem Schaufensterbankl sitzen. Kommt er angestartet. Mit den Sorten kenn ich mich nicht wirklich aus, ich glaub Pedigree oder so. Egal, irgendwas labradormäßiges jedenfalls. Und ich denk mir grad, eigentlich bin ich eh sehr entspannt mit denen, obwohl ich ja Hunde nicht besonders mag. Und klar, wenn man sich nicht für die interessiert, kommen die immer extra. Wie bei Kindern auch. Da ist das Desinteresse eher der Ansporn, à la: „Das werma scho sehn, ob ich die mit dem Herz aus Stein nicht erobern kann mit meinen großen, feuchten Kulleraugen.“
Was mich stört, sind Leute, die Hunde so als Kinderersatz verwenden. Also ich erlaub mir da kein Urteil (oder nur ein ganz kleines), aber erzogen gehören die dann halt auch! Und wenn man da keinen Bock drauf hat, dann besser die Katze. Da kannst dir die Mühe gleich sparen, die macht am Ende eh was sie will. Egal, zurück zu mir.
In der Sekunde, wo ich mir also für meine Toleranz auf die Schulter klopfe, fühl ichs warm am Rücken. Also eigentlich seh ich die ungläubigen Gesichter so einen Bruchteil bevor’s ankommt. Ich fress mein Leben nicht und die Töle zieht von Dannen, als wäre nix gewesen. „Hat der jetzt wirklich?“. Ja, hat er. Wir sind fassungslos. Da fällt schon der erste Witz, „Oft bist der Hund, oft bist der Baum“. Ich kann noch nicht so richtig drüber lachen. Der Rest gespalten: Die einen zeigen Mitgefühl, indem sie über den Köter schimpfen und mir mehr Bier organisieren. Die anderen fangen, sobald sie sich eingekriegt haben, direkt wieder an hysterisch zu lachen. Ich will jetzt keine Namen nennen, das wär der Vanessa vielleicht unangenehm.
Ein Dude, ders auch gesehn hat, erklärt sich bereit, den Hundebesitzer aus dem Lokal zu holen. Er wüsste, wer das is, nämlich eh ein Trottel. Selbiger kommt dann tatsächlich und entschuldigt sich lahmarschig bei einem Mädchen, das nicht ich bin. Der Dude korrigiert ihn zu mir. „Sorry“, sagt er, jetzt sogar noch weniger enthusiastisch als bei der, die gar nicht beschifft wurde. Mehr hat er offensichtlich nicht zu bieten. Bei mir is auch schon ein bisschen verraucht der Erst-Ärger. Also direkt danach, hätt ich den in die Finger bekommen, wer weiß. Jetzt sag ich sachlich, dass man seinen Hund doch bitte erziehen muss oder an die Leine. Der lethargische Jimmy-Lässig erwidert, das könne man nicht, wie solle das gehen? Dann wieder ich, dass das ja wohl nicht sein Ernst sein kann, ich jedenfalls hätte noch nie von jemandem gehört, der von einem Hund aktiv bepinkelt worden ist.
„Der is erst 16 Monate“, sagt der Hundeexperte. Wann er denn vorhätte mit der Erziehung anzufangen, will ich wissen. Da hat er keine Antwort drauf. Ich seh ihm an, dass ich für ihn hier die depperte Tussi bin, die sich wegen jeder Kleinigkeit gleich aufpudelt. Alles eine Frage des Blickwinkels. Wie immer. Und ein bissl find ich’s dann vielleicht doch gut, wenn sich die asozialen Vollpfnullen einen Hund holen und ihre Finger dafür vom Kinderkriegen lassen.
© Berit Glaser 2020-08-16