von Julia S.
“Im Museum siehst du das Bild in dem mehreres vereint ist. In dem jeder Strich gemeint ist und nichts Einzelnes allein ist. Und es fließt alles zusammen und erzeugt ein Feuerwerk. Aus der Arbeit, der Gedanken und der Farbe, die sie färbt.” (Nino aus Wien. “Es geht immer ums vollenden”)
1989 bekam ich ein Bild. Eine Leinwand, die nicht bemalt wird, wenn ich sie nicht bemale. Auf meinem Weg, durch diese Welt gestalte ich sie.
Liebevolle Musterungen. Wütende Zacken. Sanfte Übergänge. Abrupte Kontraste.
An einem Tag male ich mit der ganzen Hand, an einem anderen Tag kratze ich eine dünne Linie mit dem Nagel des kleinen Fingers.
Manchmal streue ich Glitzer auf die Leinwand. Manchmal trete ich hin und hinterlasse zornige Fußabdrücke. Manchmal bin ich mutig und versuche neue Techniken. Manchmal bin ich gerührt über den Platz und die Möglichkeiten, die mir geboten werden.
Einmal wollte ich die Leinwand nicht mehr. Ich malte in Schwarztöne, ließ Tränen darauf fließen, in der Hoffnung, das Werk würde reißen. Doch das Salz der Tränen, veränderte die Farbe, veränderte die Formen, veränderte die Richtung und ließ mich neue Wege erkennen.
Ich male anders, wenn ich lache, wenn Blumen strahlen. Ich male anders, wenn ich verletzt bin, weil Steine mich treffen. Ich male anders, wenn ich verwundet bin, weil ich Steine werfe und treffe.
Manche Stellen gefallen mir im Nachhinein nicht, aber auch sie gehören zu mir.
Solange ich Aufgaben habe, die für mich sind, Fragen höre, die nur ich beantworten kann, solange arbeite ich. Male ich. Gestalte ich.
Wie lange noch Zeit ist, weiß ich nicht. Doch ich weiß, dass wenn ich hier nicht mehr male, nicht aufhöre gemalt zu haben.
Vertrauensvoll werde ich meinen letzten Pinselstrich setzen, mein Lebenswerk vollenden, denn wenn mein Tag hier zu Ende ist, wartet auf der anderen Seite schon ein Neuer.
“Im Museum siehst du das Bild in dem mehreres vereint ist. In dem jeder Strich gemeint ist und nichts Einzelnes allein ist. Und es fließt alles zusammen und erzeugt ein Feuerwerk. Aus der Arbeit, der Gedanken und der Farbe, die sie färbt. “ (Nino aus Wien. “Es geht immer ums vollenden”)
© Julia S. 2021-07-09